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„AAI sind aufgrund der besonders wichtigen exakten Handhabung in einer Notfallsituation für die automatische Substitution in der Apotheke grundsätzlich nicht geeignet.“

Prof. Dr. Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie Wiesbaden

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Prof. Dr. Thilo Jakob, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Gießen, UKGM

Der sogenannte „Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung“ wird regelmäßig zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband verhandelt und wurde nun zum 1. Juli 2019 neu geschlossen. Er bietet für Anaphylaxie-gefährdete Patienten einige gefährliche Details, die den Verantwortlichen bislang wohl kaum bewusst sein dürften (vgl. S. 130).

Bislang hatten Apotheker bei fehlenden Rabattverträgen und fehlendem Aut-idem-Kreuz die Möglichkeit, das tatsächlich verordnete Arzneimittel oder eines der drei preisgünstigsten Arzneimittel abzugeben. Für Adrenalin-Autoinjektoren (AAI) bestand somit die Auswahl zwischen dem verordneten Produkt oder einem der drei preisgünstigsten AAI, was im Regelfall Importe dieses Produktes waren. Der Patient erhielt somit normalerweise den ihm vertrauten Autoinjektor, wenn auch teilweise mit einem unzureichend übersetzten, fremdsprachigen Beipackzettel.

Gemäß neuem Vertrag muss der Apotheker nun einen beliebigen der vier preisgünstigsten AAI abgeben (in der Regel werden auch dies Importprodukte sein). Besteht ein Rabattvertrag für einen bestimmten AAI, muss er diesen immer abgeben, auch wenn es sich um ein anderes Modell als das vom Arzt verordnete Originalpräparat handelt. Dies führt sämtliche Bemühungen der Allergologen um eine Schulung der Patienten für eine selbstbestimmte Therapie ad absurdum. In Trainingsprogrammen wie dem der Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie Training und Edukation (AGATE) werden Patienten mit „ihrem“ AAI geschult, um die rasche, korrekte und sichere Handhabung, die bei den verschiedenen AAI sehr unterschiedlich ist, zu trainieren und Berührungsängste zu nehmen. Diese Schulungen sind zudem nicht nur für die Patienten selbst, sondern auch für Bezugspersonen wie Verwandte, Lehrer und KITA-Personal, denen gegebenenfalls gar nicht bewusst ist, dass der ausgetauschte AAI anders funktioniert als das eingeübte Modell. Das Ganze kann zudem auch juristische Folgen haben, da Haftungsausschlusserklärungen und auch Anaphylaxiepässe im Normalfall produktspezifisch ausgefüllt werden. Somit kann es vorkommen, dass durch den neuen Rahmenvertrag keine gültige Haftungsausschlusserklärung für das spezifische Präparat vorliegt und schlimmstenfalls eine erforderliche Notfallbehandlung durch einen Dritten unterbleibt, wodurch der Patient Schaden erleidet.

Sowohl die GKV-Kassen als auch der Apothekerverband sollten vor diesem Hintergrund erkennen: AAI sind aufgrund der besonders wichtigen exakten Handhabung in einer Notfallsituation für die automatische Substitution in der Apotheke grundsätzlich nicht geeignet. Wir als verordnende Ärzte können dies verhindern, indem wir bei Verordnung von AAI das Kästchen „nec aut-idem“ auf dem GKV-Rezept ankreuzen. Es ist an der Zeit, das Wohl der Patienten wieder in den Vordergrund zu stellen!

Weiterhin finden Sie in diesem Heft eine ausgesprochen lesenswerte Übersichtsarbeit von Dr. Hermann-Josef Thierse und Prof. Dr. Dr. Andreas Luch vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin zum Verbraucherschutz bei allergieauslösenden Substanzen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit dieser Ausgabe des Allergo Journal und würden uns sehr freuen, Sie auf dem 14. Deutschen Allergiekongress vom 26. bis 28. September in Hannover zu treffen!

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