In der Diagnostik von Insektengiftallergien ist der Hautpricktest (SPT) als praktikables und kostengünstiges Instrument fest etabliert. Üblicherweise werden dabei Giftkonzentrationen von maximal 100 μg/ml verwendet. Bei negativem Testergebnis wird ergänzend der Intradermaltest (IDT) eingesetzt. Ein Forscherteam aus Marburg hat nun untersucht, ob ein SPT mit deutlich höherer Insektengiftkonzentration (300 μg/ml) in der Lage ist, vergleichbare oder bessere Ergebnisse zu erzielen.

Dazu wurden 75 Patienten mit einer anaphylaktischen Stichreaktion (Bienen- oder Wespenstich) in der Vorgeschichte Testreihen mit verschiedenen Konzentrationen (1, 10, 100 bzw. 300 μg/ml für den SPT und 1 μg/ml für den IDT) unterzogen. Ausgewertet werden konnten 74 Hauttests mit Bienen- und 68 mit Wespengift. Auf den SPT1 reagierte nur ein Patient positiv, auf den SPT10 reagierten fünf (7 %) und auf den SPT100 48 (64 %). Beim IDT1 lag die Rate der positiv Getesteten bei 68 %, beim SPT300 waren es 83 %, wenn man einen mittleren Quaddeldurchmesser von mindestens 3 mm als positiv wertete.

Um die Aussagekraft dieser Ergebnisse zu beurteilen, führten die Autoren eine separate Analyse mit Patienten durch, die laut Antikörpertest (IgE-Test) nur gegen eine Insektengiftart (Biene oder Wespe) sensibilisiert waren. Hier zeigte sich, dass etwa ein Drittel (13 von 37) dieser monosensibilisierten Teilnehmer im SPT300 auf das jeweils andere Gift reagierte; der hochkonzentrierte Test war in diesen Fällen also erwiesenermaßen falsch-positiv. Während die Sensitivität des SPT300 für beide Giftarten bei jeweils über 80 % lag, erreichte die Spezifität gegenüber Bienengift nur völlig unzulängliche 52 %.

Laut den Autoren lässt sich das Problem der geringen Spezifität zwar möglicherweise umgehen, indem man den Schwellenwert für ein positives Testergebnis im SPT300 auf einen Quaddeldurchmesser von 4 mm anhebt. Unter diesen Umständen sank in der Studie die Anzahl der positiven Testergebnisse auf 69 %, ähnlich wie beim IDT1. Allerdings sei das Arbeiten mit unterschiedlichen Parametern in der klinischen Routine wenig praktikabel. Das Team würde den SPT300 mit Bienengift weder als Ergänzung zum üblichen SPT noch als Alternative zum IDT1 empfehlen.

Kommentar

Die Diagnostik der Insektengiftallergie umfasst Anamnese, serologischen Nachweis von spezifischem IgE und Hauttestung mittels SPT und/oder IDT. Während für den SPT üblicherweise kommerzielle Testlösungen bis zu einer Konzentration von 100 μg/ml verwendet werden, müssen für den IDT die Testlösungen aus den Therapieextrakten vom behandelnden Allergologen hergestellt werden. Dies ist aufwendig und fehleranfällig und wird daher fast ausschließlich an spezialisierten Zentren durchgeführt. Daher hat sich die aktuelle Studie mit der praxisrelevanten Frage befasst, ob eine kommerziell verfügbare SPT-Lösung mit 300 μg/ml in der Testroutine nicht den aufwendigen IDT (1 μg) ersetzten könnte. Das dies besonders bei der Bienengiftallergie leider nicht der Fall ist und warum das so ist, lohnt sich in der Orginalarbeit nachzulesen.

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Prof. Dr. Thilo Jakob