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Hauttest vor Labordiagnostik – muss das wirklich immer sein?

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Die EBM-Ziffer 32427 (EBM, einheitlicher Bewertungsmaßstab) dient der Abrechnung von spezifischem Immunglobulin (Ig) E und spezifischem IgG bei IgE-vermittelten Allergien. Obwohl zwischen beiden Antikörpern eklatante Unterschiede in der Diagnostik vorliegen, sollen – laut Beschluss Nr. 9 der Partner des Bundesmantelvertrages-Ärzte – diese Laborleistungen (spezifisches IgE/IgG) „grundsätzlich“ das Vorliegen der Ergebnisse von Haut-/Provokationstests voraussetzen. In einem Brief an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vom 17. November 2015 äußert der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) Kritik an dieser Regelung und macht Verbesserungsvorschläge.

Kritikpunkte und Vorschlag

Den Beschluss, dass Laborleistungen nach der EBM-Ziffer 32427 „grundsätzlich“ das Vorliegen der Ergebnisse von Haut- oder Provokationstests voraussetzen, hält der AeDA aus folgenden Gründen für „nicht sinnvoll und nicht praktikabel“:

  • Für viele Allergene existieren keine entsprechenden Pricktestallergene mehr.

  • EBM-Ziffer 32427 wird auch verwendet, um spezifische IgG-Antikörper abzurechnen, welche bei der exogen allergischen Alveolitis (EAA) eine wichtige Rolle spielen. Die spezifischen IgG-Antikörper gegen auslösende Allergene gehören zu den EAA-Diagnosekriterien, weder Hauttest noch IgE-Antikörper haben in der Diagnostik dieser Krankheit einen Stellenwert. Aus diesem Grunde sind auch für viele der auslösenden Allergene (z. B. Taubenfedern oder Cephalosporium acremonium) keine Hauttest-Allergene auf dem Markt erhältlich. Somit ist die Forderung nach einem vorherigen Hauttest bei der In-vitro-Diagnostik mit IgG-Antikörpern bei Verdacht auf EAA unsinnig.

Vor diesem Hintergrund schlägt der AeDA in seinem Brief an die KBV vor, enstprechend der Ausnahme-Regelung für das Gesamt-IgE und bei Kindern unter sechs Jahren, die den Hauttest nicht voraussetzt, sollten deshalb die IgG-Antikörper gegen EAA-Allergene genauso von der Regelung im Beschluss Nr. 9 Herausgenommen werden. Möglicherweise mache es dafür Sinn, so der AeDA, eine Zusatz-Kennziffer bei der Abrechnung dieser Antikörper (z. B. 32427* oder 32427G) zu kodieren.

Die Antwort der KBV

Inzwischen hat der AeDA ein Antwortschreiben (27. Juli 2016) der KBV erhalten, in der sie zu oben beschriebenen Sachverhalt Stellung nimmt. So heißt es hier, dass die „Anmerkung unter der GOP (GOP, Gebührenordnungsposition) 32427 ‚setzt grundsätzlich das Vorliegen voraus ...‘ nach Auffassung der KBV keiner ‚Muss-Regelung‘ entspricht, sondern Ausnahmen bei zum Beispiel medizinischer Begründung grundsätzlich zulässt“.

Weiter schreibt die KBV: „Bewertungsgrundlage und Basis zur inhaltlichen Übernahme der Anmerkung unter die GOP 32427 war unter anderem die AWMF-Leitlinie Nr. 061/017 ‚In-vitro-Allergiediagnostik‘, in der sowohl die klassische allergologische Stufendiagnostik: Anamnese-Hauttestung-Laboruntersuchung-Provokation als auch die in der Leitlinie zitierte grundsätzliche Gleichwertigkeit von Hauttestung und Bestimmung von sIgE im Serum dargestellt wird. Die bekannten Sortimente der auf dem Markt verfügbaren Pricktest-Lösungen zum Nachweis von IgE-vermittelten Soforttyp-Allergien umfassen unseres Wissens die wesentlichen inhalativen Allergene, ebenso zahlreiche nutritive Allergene und Allergengemische. Sollten keine Prick-Lösungen für zu testende Allergene auf dem Markt zur Verfügung stehen, kann auch der primäre Nachweis von sIgE gemäß GOP 32427 im Labor erfolgen. Ebenfalls aus medizinischen Gründen ist es nach unserer Einschätzung daher zulässig, eine Untersuchung auf spezifische IgG-Antikörper auch ohne vorherigen Hauttest durchzuführen und unter Angabe der GOP 32427 zu berechnen.“