Die klassische Immuntherapie mit intakten Allergenen stellt erhebliche Anforderungen an die Compliance der Patienten: drei Jahre lang monatliche Injektionen oder tägliche sublinguale Einnahme in Verbindung mit einer relativ hohen Rate an lokalen und systemischen Nebenwirkungen. Diese Hürden hofft man zu umgehen, indem man die allergenen Proteine durch kurze synthetische Peptide ersetzt, die die immundominanten T-Zell-Epitope repräsentieren. Den Stand der Forschung zur peptidbasierten Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen Erkrankungen haben Elena Tonti und Mark Larché von der kanadischen McMaster University zusammengefasst.

Üblicherweise wird eine Mischung aus Peptiden verwendet, die nur 13 bis 17 Aminosäuren lang sind und mit mittlerer bis hoher Affinität an MHC-Klasse-II-Moleküle binden. Sie sind zu kurz, um ein Crosslinking von IgE-Antikörpern zu verursachen, aber in der Lage, die T-Zell-Antwort zu modulieren. Geeignete Epitope werden im Computer und mit In-vitro-MHC-Bindungsassays identifiziert und ex vivo mit T-Zell-Aktivierungs-Tests validiert. Die Applikation erfolgt bevorzugt intradermal; die Antigen-präsentierenden Zellen in der Dermis sorgen für eine effiziente und tolerogene Präsentation der Peptide.

Zu den größten Vorteilen der Peptide im Vergleich zu vollständigen Allergenen gehört die verminderte Nebenwirkungsrate; sie erlaubt eine kürzere Behandlungsdauer, weil größere Mengen der Peptide auf einmal gegeben werden können. Bereits vier Injektionen über einen Zeitraum von drei Monaten haben sich als ausreichend erwiesen, um die Symptome einer allergischen Rhinokonjunktivitis anhaltend zu reduzieren.

Entsprechende Resultate aus klinischen Phase-2b-Studien liegen bislang für peptidbasierte Immuntherapien gegen Katzen-, Hausstaubmilben-, Gräser- und Ambrosia-Allergien vor. Die Wirksamkeit der Präparate im Placebovergleich wurde in Expositionskammern bestätigt. Sicherheit und Verträglichkeit waren gut, Nebenwirkungen nicht häufiger oder schwerer als unter einer Scheintherapie.

Der Wirkmechanismus der Peptide ist noch nicht ganz geklärt. Im Gegensatz zu intakten Allergenen scheint die Behandlung weder eine Deletion allergenspezifischer T-Zellen noch eine Induktion blockierender IgG-Antikörper zu bewirken. Stattdessen wird offenbar die allergenspezifische T-Zell-Antwort verändert und eine CD4+-Zellpopulation mit Suppressor-Eigenschaften induziert. Die Produktion von Th2-Zytokinen nimmt ab und die von IL-10 geht nach oben. Außerdem ist ein Bystander-Effekt festzustellen, das heißt, die Toleranz kann sich auch auf nicht therapierte Major-Allergene erstrecken.

Kommentar

Die besonders lesenswerte Übersichtsarbeit zu einem höchst spannenden Thema stammt von Prof. Mark Larché, einem der Pioniere der peptidbasierten Immuntherapie und seiner Mitarbeiterin. Vor über 20 Jahren legte Mark Larché, damals in der Arbeitsgruppe von Barry Kay, die Grundlagen für diesen innovativen Ansatz. Wer könnte also besser dafür geeignet sein, die aktuellen Daten zur peptidbasierten Immuntherapie für unsere Leser zusammenzufassen. Auch wenn nach erfolgreichen Phase-IIb-Studien die Ergebnisse der Phase-III-Untersuchungen aufgrund einer ungewöhnlich hohen Placeboansprechrate die Zielkriterien nicht erreicht haben, ist dies sicherlich noch nicht das Ende der Geschichte. Für alle, die sich mit innovativen Ansätzen der Immuntherapie befassen, ein absolutes Lesevergnügen.

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Prof. Dr. Thilo Jakob