Gleich zwei Patientinnen meldeten sich an einem Tag mit dem Hinweis an, nicht im Wartezimmer den Blicken anderer ausgesetzt werden zu wollen.

Zunächst stellte sich eine weit über 80-jährige, ausgesprochen liebenswerte Dame vor, die vor einigen Tagen eine Kataraktoperation am rechten Auge hatte durchführen lassen. Nun war sie so erschüttert über das Ausmaß ihrer Gesichtsfalten, die sie bisher nur verwaschen wahrgenommen hatte, dass sie den Eingriff bereute und auch das andere Auge nicht mehr operieren lassen wollte. In einem langen, tränenreichen Gespräch legten wir aber fest, dass sie erstens Alterslinien und keine Altersfalten hätte, und dass es sich zweitens um reinste Lachlinien handelte. Praktisch untermalt wurde dies durch die Verwendung eines Handspiegels und Grimassenschneiden meinerseits. So konnte ein bisschen Lebensfreude zurückgewonnen werden.

figure 1

© Nataliia_Trushchenko / stock.adobe.com (KI-generiertes Symbolbild)

Sie kann wieder sehen - und was sie sieht, gefällt ihr nicht.

Die andere Patientin erkannte ich nicht wieder: Ihr Gesicht war bis zum Hals gerötet und aufgequollen wie ein Ballon. Sie hatte zwei Tage zuvor erstmalig eine extrem teure Antifaltencreme in der Hoffnung angewendet, dass ihre tiefen Sorgenfalten wie im Werbetext angekündigt einer reinen, glatten Haut weichen würden. Mit externer und interner Kortikosteroidtherapie rückten wir dem Kontaktekzem zu Leibe, innerhalb von drei Tagen kamen ihre Falten wieder zum Vorschein. Nach Ausdruck der ellenlangen Inhaltsliste dieser Creme aus dem Internet und der Überweisung zum Allergologen schwor sie, ihre Falten so zu lassen, wie sie sind.

Fazit: Bei Kataraktoperationen sollte pflichtmäßig der Warnhinweis bezüglich des schlagartigen Alterungsprozesses bei Blick in den Spiegel ergehen. Und wenn teure Cremes eine sofortige Verminderung von Falten versprechen, kann das auch als unerwünschte Nebenwirkung gemeint sein.