Niedrige Durchimpfungsraten, Nachholbedarf nach Corona, neue Impferfordernisse und -möglichkeiten: Es gibt viele Gründe, sich in der Hausarzpraxis als „Impfluencer“ zu engagieren, sagt Allgemeinarzt Dr. Markus Frühwein aus München. Sinnvoll und notwendig ist dabei, die Praxis für digitales Impfmanagement fit zu machen. Das kostet zunächst Mühe, spart auf die Dauer aber viel Zeit, ist finanziell interessant, und steigert die Impfungsraten erheblich.

In der Corona-Pandemie kam es zu einem großen Rückgang von Standardimpfungen, der noch nicht aufgeholt ist, so Frühwein. Generell sind die Impfquoten bei Älteren zu niedrig, etwa gegen Influenza, Pneumokokken, Herpes Zoster. Hinzu kommen neue Impfungen und Impfstoffe für die ältere Patientengruppe, z. B. die Möglichkeit einer RSV-Impfung. Die Impfung gegen Pneumokokken ist mit dem 20-valenten Pneumokokken-Impfstoff deutlich verbessert worden. COVID-19-Impfungen werden für Ältere und Personen mit chronischen Grunderkrankungen nun jährlich empfohlen. Darüber hinaus können Auffrischimpfungen im Erwachsenenalter sinnvoll sein, die aber oft vergessen werden. Frühwein nannte Polio, Pertussis und Diphtherie.

Besonders niedrig sind die Impfraten bei immunsupprimierten Patienten. Obwohl sie den Impfschutz besonders nötig haben, wird hier oft gezögert. Dabei sind Totimpfstoffe bei Immunsupprimierten immer unbedenklich, so Frühwein. Zwischenfazit: Beim Thema Impfen gibt es noch sehr viel Luft nach oben.

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© Bundesgesungheitsministerium

Mit einem solchen Plakat können Sie die Impfraten steigern.

Quelle: Webcast „Standard-impfung HPV: Vom Arzt zum Impfluencer - was Sie wissen müssen“ im Rahmen der 3. Digitalen Campuswoche der Firma MSD, 13. November 2023

Gehen Sie mit einem gutem Beispiel voran!

Im Sinne einer guten Glaubwürdigkeit bei Patientinnen und Patienten ist es empfehlenswert, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen, etwa mit Plakaten oder Stickern mit dem Slogan „Ich bin geimpft. Und Sie? Lassen Sie uns darüber reden!“ Entscheidend ist, dass Sie in Ihrer Praxis regelmäßig die Impfpässe checken, Impflücken erkennen und diese konsequent schließen, so Frühwein. Arbeiten Sie daran, auch ihr medizinisches Personal ins Boot zu holen. Häufig gibt es hier Probleme mit den Durchimpfungsraten. Das kann die Überzeugungskraft der Praxis schwächen.

Hohe Impfraten durch digitales Impfmanagement

In den nächsten zwei bis drei Jahren wird uns das Thema „digitales Impfmanagement“ betreffen, so Frühwein. Es hat großes Potenzial, die Impfraten erheblich zu verbessern. Frühweins Rat: „Fangen Sie jetzt an, sich vorzubereiten. Sie werden alle Impfpässe in Ihrer Praxis digitalisieren müssen, daran wird man nicht vorbeikommen.“ Es gebe bereits gute Software-Lösungen, um die Daten auf die Gesundheitskarte zu packen.

Der digitale Impfpass beinhaltet ein Ampelsystem, aus dem hervorgeht, welche Impfungen als nächstes anstehen und empfohlen werden. Das sehen sowohl Arzt als auch Patient. „Wenn Sie einen Chroniker haben oder einen Patienten unter Immunsuppression, wird ihnen das System sagen: Vorsicht, hier müssen Sie jetzt aktiv werden.“ Die Digitalisierung sei am Anfang aufwendig, wie Frühwein konzedierte. „Aber hinten hinaus spart Ihnen das wahnsinnig viel Zeit“, berichtete er.

Es gibt bereits erste Untersuchungen, die den Nutzen zeigen. In einer Studie wurden über 12 Monate Daten aus 110 Hausarztpraxen gesammelt, welche eine Software eingeführt hatten. 50.000 Impfpässe wurden angelegt, über 600.000 Impfungen eingetragen. Wie sich zeigte, stiegen die Impfungsraten bei Chronikern mit Diabetes, Asthma und COPD seit Einführung des digitalen Impfmanagements massiv an, so Frühwein: „Das ist dann auch für Ihre Praxis finanziell attraktiv. Und Ihre MFA wird Ihnen viel Arbeit abnehmen.“