Die beliebte Plastikpuppe „Barbie“ tritt bisweilen als Ärztin oder Pflegerin auf, wohl auch als ostentativer Versuch, jungen Mädchen die ganze Bandbreite ihrer beruflichen Möglichkeiten vor Augen zu führen. Dabei haben sich leider einige Unschärfen eingeschlichen, wie eine genaue Analyse nun zeigte.

Katherine Klamer, von der Universität Indianapolis in den USA hat sich die Mühe gemacht, das Spektrum medizinischer Berufe weiblicher Plastikpüppchen seit den 1960er-Jahren zu ergründen. Von den 80 identifizierten Barbies waren 53 Ärztinnen, 11 Zahnärztinnen, 15 Krankenschwestern und eine Rettungssanitäterin. (Sechs der eingeschlossenen Spielzeuge waren eigentlich Kens, wurden für die Analyse aber ehrenhalber vereinnahmt.)

Dass Gesundheitsberufe so prominent vertreten waren, wird in gewisser Weise unterlaufen durch die Art, wie sie dargestellt wurden: 66% der Medizin-Barbies kümmerten sich um Kinder, und nur eine einzige (!) wurde direkt bei der Behandlung eines Erwachsenen gezeigt. Unter den Ärztinnen waren 98% mit einem Stethoskop ausgestattet, und auch andere hausärztliche Hilfsmittel wie Pflaster, Blutdruckmessgerät und Reflexhammer hatten sie häufig dabei. Außer drei (natürlich pädiatrischen) Augenärztinnen schien keine von ihnen spezialisiert zu sein. Leider besaßen auch nur zwei von ihnen eine Gesichtsmaske.

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Heroinnen aus Plastik: So werden Mädchen inspiriert.

Abzüge in der B-Note mussten die Barbies in den Bereichen Diversität (59% der Puppen waren weiß), Hygiene (70% trugen ihr wallendes Haar offen) und Arbeitssicherheit (79% trugen hochhackige Schuhe) hinnehmen.

Quelle: Klamer K. Analysis of Barbie medical and science career dolls: descriptive quantitative study. BMJ. 2023;383:e077276

MMW-Kommentar

Schon seit geraumer Zeit versucht der Barbie-Hersteller, sein umsatzstarkes Produkt dem feministischen Zeitgeist anzupassen bzw., freundlicher ausgedrückt, Karriereträume in jungen Mädchen zu erwecken. Self-empowerment im Rahmen des Konsums; an dieser Stelle könnte man viel über Zynismus und/oder Dialektik des Spätkapitalismus schreiben. Muss man aber nicht, weil Barbie ja offenbar auch als Dr. med. allenfalls die gut shampoonierte Kinderärztin sein darf.

Dem Hersteller wird aber irgendwann dämmern, dass er außer dem Kassenschlager „Barbies Traumvilla“ auch professionsgemäße Zusatz-Sets verkaufen kann. Dann kommt das Ergospirometer für die Pneumologin Barbie, die MRT-Röhre für die Radiologin und ein ganzer OP für die Hirnchirurgin.

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Dipl.-Jour. Cornelius Heyer

Rheinländer, MMW-Redaktion