Die HIV-Präexpositionsprophylaxe hat sich in einer Evaluierung durch Forschende des Robert-Koch-Instituts als außerordentlich effektiv erwiesen. Zu den Auswirkungen auf die Inzidenz anderer sexuell übertragbarer Infektionen liegen teils widersprüchliche Daten vor.

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Die gesetzlich Krankenversicherten mit einem substanziellen Risiko für HIV-Infektionen haben seit September 2019 Anspruch auf eine HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Eingesetzt wird dabei eine Kombination aus Tenofovir und Emtricitabin. Wissenschaftlich begleitet wird die Maßnahme vom Robert-Koch-Institut (RKI). Eine Forschungsgruppe um Daniel Schmidt vom Fachgebiet HIV/AIDS und andere sexuell oder durch Blut übertragbare Infektionen der RKI-Abteilung für Infektionsepidemiologie hat kürzlich im „Bundesgesundheitsblatt“ die Ergebnisse einer Evaluierung aus dem Zeitraum September 2019 bis Dezember 2020 vorgelegt.

Hiernach sind 98-99% der PrEP-Nutzer männlich und zwischen 25 und 45 Jahre alt. Fast alle (99%) sind Männer, die Sex mit Männern haben. „In Bezug auf HIV-Infektionen zeigte sich die PrEP als hocheffektiv“, schreiben Schmidt und Mitarbeiter. Die Inzidenzrate beträgt demnach 0,08 je 100 Personenjahre, wobei der Grund für das Auftreten von Neuerkrankungen vermutlich in geringer Adhärenz zu suchen ist. Derzeit gibt es jedoch Berichte, wonach es in der Versorgung mit der PrEP-Medikation zu Lieferengpässen kommt.

Negative Einflüsse auf die Inzidenzen von Infektionen mit Chlamydien, Gonorrhoe oder Syphilis waren im Zuge der PrEP-Evaluierung nicht festzustellen. Dabei stammten die Angaben aus einschlägigen Studien wie BRAHMS oder Checkpoint, aber auch aus Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dem stehen allerdings die Resultate einer Befragung von HIV-Schwerpunktzen-tren aus den Jahren 2021 bis 2022 gegenüber, die für eine Zunahme anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen sprechen. Im Vergleich zum COVID-19-Pandemie-geprägten Jahr 2020 gingen die Zahlen bei Syphilis demnach um 72% und bei Chlamydien/Gonokokken um 69% in die Höhe.

Der gesetzliche PrEP-Anspruch umfasst neben der Versorgung mit Medikamenten auch die Beratung. Schmidt und Kollegen konstatieren weiteren „Informa- tionsbedarf für Personen in trans*/nichtbinären Communitys, Sexarbeitende, Migrant*innen und Drogengebrauchende.“ Für nötig halten die Forscher bedarfsgerechte Angebote für Zielgruppen mit einem erhöhten Risiko, sich mit HIV zu infizieren.

Quellen: Schmidt D et al. Bundesgesundheitsbl 2023;66:1008-1018; Schmidt D et al. Epid Bull 2023;29:3-14