Die hohe Prävalenz von Enterococcus faecalis bei Harnwegsinfektionen von Männern hat Konsequenzen für Dia-gnostik und Therapie.

Anders als bei Frauen, bei denen Harnwegsinfektionen (HWI) zum größten Teil durch gramnegative Bakterien wie E. coli verursacht sind, spielen bei Männern grampositive Bakterien wie Enterococcus (E.) faecalis eine wichtige Rolle. In Deutschland ist E. faecalis der zweithäufigste Keim bei Männern mit HWI-Verdacht: In fast 100.000 Urinproben von ambulanten Patienten, die zwischen 2015 und 2020 von einem privaten Medizinlabor untersucht wurden, wurde in 16,1% E. faecalis nachgewiesen, wie ein Forschungsteam um Dr. Jonas Salm von der Charité - Universitätsmedizin Berlin berichtet. Besonders häufig fand sich der Keim bei den 18- bis 29-Jährigen (16,8%). Auch bei den monomikrobiellen Infek-tionen war E. faecalis mit 12,0% das zweithäufigste Bakterium. Bei polymikrobiellen HWI war es in fast der Hälfte der Fälle beteiligt (46,8%) und damit ähnlich häufig wie E. coli (48,4%).

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Harnwegsinfekte bei Männern sind in der Regel komplizierte Infektionen.

Rezidive traten bei HWI mit E. faecalis insgesamt häufiger auf als bei HWI mit E. coli (25,9% vs. 22,2%), nur bei den unter 30-Jährigen verhielt es sich umgekehrt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass E.-faecalis-Isolate bei den Jüngeren deutlich seltener resistent gegen Ciprofloxacin waren. Chinolone gehören bei Männern (bei lokaler Resistenz < 10%) neben Trimethoprim-Sulfamethoxazol (TMP-SMX) zu den First-Line-Therapien für HWI, wobei die Aktivität von TMP-SMX gegen Enterokokken als unsicher eingeschätzt wird.

Die Ergebnisse zeigten einmal mehr, so Salm und Kollegen, wie wichtig es sei, HWI bei Männern als eigene Entität abzugrenzen von HWI bei Frauen, bei denen E. faecalis von untergeordneter Bedeutung ist. Da Enterokokken Nitrat nicht zu Nitrit reduzieren, ist der Test auf Nitrit im Urin bei Männern nicht zum Ausschluss von HWI geeignet. Bei der empirischen Therapie könnte es laut dem Team um Salm sinnvoll sein, das Alter zu berücksichtigen: „Ciprofloxacin hat größere Erfolgsaussichten bei HWI von jüngeren Männern“.

Die Ergebnisse ihrer Studie stützten außerdem die Empfehlung der deutschen Leitlinie (Version von 2017), bei Männern vor Beginn einer empirischen Therapie immer eine Urinkultur anzulegen.

Quelle: Salm J et al. BMC Infectious Diseases 2023;23:812. https://doi.org/10.1186/s12879-023-08824-6