Seit vielen Jahren steht fest, dass Krankenhaus-Notaufnahmen und vertragsärztlicher Bereitschaftsdienst besser verzahnt werden müssen. Nun geht Gesundheitsminister Lauterbach das Thema an. Sein Eckpunktepapier liest sich in Teilen nicht schlecht - aber Landärztinnen und -ärzte dürfen nicht hinten runterfallen!

Die geplante Reform betrifft alle niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen direkt, weil sie die Bereitschaftsdienste vorbildlich und mit großem Engagement schultern und damit dazu beitragen, die Notaufnahmen von minderschweren Fällen zu entlasten. Einige Bundesgesundheitsminister sind schon daran gescheitert, ein koordiniertes Vorgehen im Gesetz zu verankern. Nun hat Minister Lauterbach ein neues Eckpunktepapier vorgelegt. Kerninhalte sind ein Ausbau der Terminservicestellen, die Stärkung einer einheitlichen Akutversorgung sowie die flächendeckende Einrichtung Integrierter Notfall- bzw. Kindernotfallzentren.

Ich begrüße es sehr, dass der Minister dieses eminent wichtige Thema angeht und auch die Erfahrungen aus der Praxis berücksichtigt. In dem Eckpunktepapier finden sich zahlreiche Ideen zu einer besser koordinierten Notfallversorgung wieder, die wir in Bayern bereits realisiert haben.

So konnten wir in dem bundesweit beachteten Projekt „Gemeinsamer Tresen“ am Klinikum Rosenheim nachweisen, wie gut das Zusammenspiel zwischen Notaufnahme, Bereitschaftspraxis und den Niedergelassenen vor Ort funktionieren kann, wenn es hier eine Anlaufstelle und klare (Kommunikations-)Wege gibt. Im Dezember vergangenen Jahres ist es uns gelungen, alle bayerischen Integrierten Leitstellen, die unter der Rufnummer 112 erreichbar sind, mit den Vermittlungszentralen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes (Rufnummer 116 117) digital zu vernetzen. Weit über 10.000 Einsätze konnten seither digital ausgetauscht werden.

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Jeder telefonische Hilferuf soll zur richtigen Versorgung führen.

24-Stunden-Notfallzentren sind vom Tisch

Ich finde es gut, dass in dem Eckpunktepapier klar betont wird, dass die Patientinnen und Patienten in Fällen, die ambulant behandelt werden können, primär in den ambulanten Bereich weitergeleitet werden sollen, und dass zugleich die kontrovers diskutierten, rund um die Uhr geöffneten Integrierten Notfallzentren jetzt nicht mehr Bestandteil der Planungen aus dem Ministerium sind.

Allerdings muss man auch konstatieren, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Die geplante Notfallreform passt sehr gut zu Großstädten wie München oder Berlin. Aber die Verantwortlichen dürfen nicht den Blick auf die ländlich geprägten Regionen verlieren. Denn hier gelten für die ambulante Behandlung der Bevölkerung angesichts eines zunehmenden Ärztemangels andere Bedingungen!

Die Praxen vor Ort dürfen nicht überlastet werden. Wenn von den Kolleginnen und Kollegen in der Peripherie Hausbesuche an sieben Tagen pro Woche und möglichst noch von früh bis spät gefordert werden, dann wird dies weitere Löcher in die hausärztliche Versorgung reißen. Bereits jetzt sind in Bayern über 450 hausärztliche Vertragsarztsitze unbesetzt. Eine sinnvolle Notfallreform darf diese Lücke auf keinen Fall noch weiter vergrößern, sondern sollte vielmehr dazu führen, die medizinische Versorgung in Stadt und Land gerade im Akutfall stärker anzugleichen.

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Dr. med. Christian Pfeiffer

Allgemeinarzt und Vorstandsvorsitzender der KV Bayerns