Ein 65-jähriger Malermeister strich am Wochenende in hockender Position seinen Gartenzaun, als von der anderen Seite plötzlich der Dobermann des Nachbarn mit wütendem Gebell auf ihn zugeschossen kam. Erschreckt sprang der Mann hoch, woraufhin ihm sofort ein Schmerz in den linken Oberschenkel fuhr.

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© C. Raschka

Am Montagvormittag zeigte sich bei der klinischen Untersuchung in meiner Praxis eine Hämatombildung im Bereich des Ober- und Unterschenkels links mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung und signifikantem Druckschmerz über der ischiocruralen Muskulatur. Das MRT des linken Oberschenkels bestätigte die vermutete Hamstring-Läsion in Form einer deutlich verstärkten Ödem- bzw. Hämatom-Signalgebung im Muskelbauch des M. semimembranosus mit partiell diskontinuierlich abgrenzbaren Fasern. Auch fand sich eine ausgedehnte Einblutung am Sehnenansatz am Caput longum des M. biceps femoris mit ausgedehnter Kontinuitätsunterbrechung und Retraktion um 5 cm.

Aufgrund der eingeschränkten Mobilisation verordnete ich ein Paar Unterarmgehstützen sowie als Thromboseprophylaxe Enoxaparin-Natrium 4.000 IE über 20 Tage. Er erhielt außerdem ein Privatrezept für eine Kompressionsbandage (MyoTrain®).

Verletzungen der Muskulatur gehören zu den häufigsten Sportunfällen und stellen inadäquat behandelt die häufigste Ursache für das Karriereende im Sport dar. Im Profifußball machen sie mehr als 30% aller Verletzungen aus. Mehr als die Hälfte betreffen dabei die Oberschenkelmuskulatur. Häufigste Lokalisation sind die Hamstrings, also die ischiocrurale Muskulatur, mit 12% - davon 84% am M. biceps femoris.

Diagnostisch sind neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung die Sonografie in der Hand des Geübten und die 3-Tesla-MRT wegweisend. Die Ausfallszeit beträgt mindestens zwölf Wochen. Der Abriss der proximalen ischiocruralen Muskulatur stellt insbesondere bei einer signifikanten Retraktion in der Regel eine Op.-Indikation dar.

Vermeidbare Risikofaktoren für eine Verletzung sind eine reduzierte Flexibilität, ein unzureichendes Aufwärmprogramm und muskuläre Dysbalancen. Nicht sachgerecht ausgeheilte Verletzungen resultieren in einer hohen Rezidivquote. Präventionsprogramme, insbesondere rumpfstabilisierende Übungen, sind sehr effektiv!

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Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Christoph Raschka

Praxis für Allgemeinmedizin - Sportmedizin, Im Igelstück 31, D-36088 Hünfeld

Prof. Dr. med. Martin Engelhardt

Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück