Anders als bei entzündlichen Darm- erkrankungen besteht beim Reizdarm-syndrom kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines kolorektalen Karzinoms.

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Löst ein Tumor ihre Beschwerden aus? Patientin mit Reizdarmsyndrom.

Maligne Tumoren des Kolons und des Rektums können sich initial mit ähnlichen Symptomen manifestieren wie ein Reizdarmsyndrom (RDS). Viele RDS- Patienten treibt daher die Angst vor einer malignen Ursache ihrer Beschwerden um. Diese Sorge scheint für Menschen mit einer ärztlichen RDS-Diagnose jedoch unbegründet zu sein. Ihr Risiko für ein kolorektales Karzinom ist nicht höher als das von Menschen ohne RDS, potenzielle Vorläuferläsionen werden bei ihnen sogar seltener gefunden, wie eine systematische Übersicht mit Metaanalyse ergeben hat.

In einer Literaturrecherche wurden 14 Studien identifiziert, die den Zusammenhang von RDS mit kolorektalen Polypen (CRP) und kolorektalen Karzinomen (CRC) untersucht hatten: acht Kohortenstudien mit rund 655.000 RDS-Patienten und 2,3 Millionen Kontrollpersonen ohne RDS-Diagnose (durchschnittliches Follow-up 1,6-12,2 Jahre) sowie sechs Querschnittsstudien mit fast 27.000 Betroffenen und 88.000 Kontrollen.

In der Metaanalyse der Querschnittsstudien war das Verhältnis von Menschen mit zu denen ohne CRP in der RDS-Gruppe signifikant kleiner als in der Kontrollgruppe (Odds Ratio, OR 0,29). Die CRC-Prävalenz war in Anwesenheit eines RDS zumindest numerisch reduziert, die Differenz war aber statistisch bedeutungslos. Die gemeinsame Auswertung der Kohortenstudien ergab hinsichtlich der CRC-Inzidenz ebenfalls keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

Aufgrund der Studie könnten Ärzte und Ärztinnen ihre Patienten mit RDS dahingehend beruhigen, dass sie keinem erhöhten Risiko für Darmkrebs oder Darmkrebsvorstufen ausgesetzt seien, so das Fazit von Theodoros Vichos von der Universität Athen und seinen Kollegen.

Das niedrige Risiko spiegelt sich auch in den Leitlinienempfehlungen des American College of Gastroenterology und der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten wider. Danach ist eine Koloskopie bei RDS nicht indiziert, sofern die Betroffenen unter 45 sind und weder Alarmsymptome noch eine andere Indikation für die Untersuchung aufweisen.

Quelle: Vichos T et al. Digestive Diseases and Sciences 2023; doi: 10.1007/s10620-023-07885-6