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Welche Zukunft liegt im Multicancer Early Detection Test? MMW sprach mit dem Direktor des Instituts für Allgemein- und Familienmedizin an der Universität Witten/Herdecke, Prof. Klaus Weckbecker.
MMW: Wie beurteilen Sie den Nutzen des MCED-Tests?
Prof. Klaus Weckbecker: Die Idee, eine Tumorerkrankung durch eine einfache Blutabnahme frühzeitig zu erkennen, ist verlockend, vielleicht zu verlockend. Bei genauerer Betrachtung ist die Datenlage dann doch ernüchternder. Der MCED-Test wurde in der Studie von Nicholson und Kollegen erstmals prospektiv getestet, allerdings ohne Kontrollgruppe. Ein Nutzen ist mit diesem Studienansatz nicht belegbar. Teilnehmer waren Personen, die von ihren Hausärztinnen oder -ärzten schon mit dem Verdacht auf eine Tumorerkrankung zur weiteren Abklärung überwiesen wurden. Untersucht wurde, welche Ergebnisse der Test in dieser Situation liefert. Diese Ergebnisse legen nahe, dass der MCED-Test ein sinnvoller Baustein in der Abklärung bei Tumorverdacht sein könnte. Bevor er Einzug in den Praxisalltag hält, sind zwingend weitere Studien notwendig.
MMW: Kann ein solcher Test die Krebsvorsorge und -diagnostik verbessern?
Weckbecker: Künftig ja, vielleicht. Aktuell nein, sicher nicht. Für diese Fragestellung wurde der Test nicht untersucht. Sein Einsatz ist dafür ethisch nicht vertretbar, aus meiner Sicht sogar ein Behandlungsfehler. Für den Einsatz als Screening-Instrument bei beschwerdefreien Patienten brauchen wir randomisierte Studien, die nachweisen, dass Menschen, die dieses Instrument nutzen, auch länger leben. Die frühe Diagnosestellung ist ja kein Selbstzweck. Es geht nicht um die Verlängerung der Überlebenszeit - diese ist ja bei früherer Dia-gnosestellung immer höher. Entscheidend ist die Gesamtüberlebenszeit. Nur ihre Erhöhung rechtfertigt den Einsatz des MCED-Tests.
MMW: Sehen Sie weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Krebsfrüherkennung?
Weckbecker: Aktuell ist der MCED-Test keine Verbesserung der Krebsfrüherkennung. Der Ansatz ist interessant und wird sicher weiterverfolgt werden. Natürlich würden wir uns alle freuen, wenn es in Zukunft die Möglichkeit gibt, durch einen Labortest Tumorerkrankungen frühzeitig zu entdecken. Ob wir dies mit einem La-bortest erreichen werden, bleibt abzuwarten. Auch bildgebende Verfahren könnten in Zukunft ein sinnvolles Instrument sein. Bis dahin bleibt die Krebsfrüherkennung in der hausärztlichen Praxis eine schwierige Aufgabe. Aktuell ist sicher die Motivation zum Rauchstopp immer noch die beste Präventionsmaßnahme. In der Früherkennung versuche ich meine Patienten zur Teilnahme an den etablierten Früherkennungsprogrammen zu motivieren, wie z. B. der Vorsorgekoloskopie. Eine höhere Teilnahmerate könnte hier von Vorteil sein.
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Patzer, KH. "Der MCED-Test ist ethisch noch nicht vertretbar". MMW - Fortschritte der Medizin 165 (Suppl 3), 17 (2023). https://doi.org/10.1007/s15006-023-3077-7
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