Industrieländer: Deutsche sterben früher

Das deutsche Gesundheitssystem ist hoch entwickelt, die Pro-Kopf-Ausgaben sind mit die höchsten weltweit. Trotzdem liegt man bei der Lebenserwartung hinter fast allen anderen europäischen Ländern. Eine Studie ging den Gründen dafür nach.

Analysiert wurde die Lebenserwartung in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Japan, Spanien, dem Vereinigten Königreich und den USA. Basis waren die Human Mortality Database, die Mortalitätsdatenbank der WHO und OECD-Daten zu Gesundheitsausgaben und -risikofaktoren.

Deutschland weist im Vergleich trotz hoher Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben eine niedrigere Lebenserwartung auf. Interessanterweise zeigt sich in der Schweiz dass höhere Ausgaben mit einer Annäherung an die Länder mit der höchsten Lebenserwartung einhergehen. Selbst Großbritannien weist trotz geringerer Ausgaben eine leicht höhere Lebenserwartung als Deutschland auf.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen stellen die Hauptursache für die vergleichsweise niedrige Lebenserwartung in Deutschland dar, auch wenn hier seit 1990 Fortschritte erzielt wurden. Besonders besorgniserregend ist die höhere kardiovaskuläre Sterblichkeit bei Menschen im Alter von 50-64 Jahren.

Quelle: Jasilionis D, van Raalte AA, Klüsener S, Grigoriev P. The underwhelming German life expectancy. Eur J Epidemiol. 2023;38:839-50

MMW-Kommentar

Eine gezielte Prävention und frühzeitige Behandlung von kardiovaskulären (und natürlich auch anderen) Krankheiten könnte dazu beitragen, die Lebenserwartung in Deutschland zu verbessern und die Kluft zu den führenden Ländern zu verringern. Man schätzt, dass je nach Erkrankung bis zu 70% durch Primärprävention vermieden werden könnten. Doch hier sind die Ausgaben in Deutschland um ein Vielfaches niedriger als für die Behandlung von Erkrankungen. 2021 steckten die gesetzlichen Kassen lediglich 8,9 Milliarden Euro in die Prävention - bei Gesamtausgaben von 263,4 Milliarden.

Dr. med. Markus Stephan

Pneumologie, St. Josefskrankenhaus Freiburg

Prof. Dr. med. Stephan Sorichter

Pneumologie, St. Josefskrankenhaus Freiburg