Die europäische Kardiologengesellschaft ESC hat neue Leitlinien zum akuten Koronarsyndrom (ACS) mit praxisrelevanten Neuerungen herausgebracht.

Je nach Symptomatik, EKG-Befund und Ergebnis der Troponin-Messung kann ein ACS als ST-Hebungsinfarkt (STEMI), Myokardinfarkt ohne ST-Streckenhebung (NSTEMI) oder als instabile Angina pectoris klassifiziert werden. Für diese ACS-Subtypen gibt es nun eine gemeinsame Leitlinie mit drei Neuerungen:

Frühes Invasives Management: Bei Personen mit NSTEMI-ACS und hohem Risiko (u. a. bestätigte NSTEMI-Diagnose, dynamische ST-Segment oder T-Wellen-Veränderungen, GRACE-Score > 140) wurde die Empfehlung für eine frühe invasive Strategie (innerhalb 24 Stunden) von Klasse-I auf Klasse-IIa abgeschwächt. Bei STEMI hingegen bleibt es dabei, Betroffene schnellstens ins Katheterlabor zu bringen.

Nachbehandlung mit DAPT: Jüngere Studien hatten gezeigt, dass eine Verkürzung der dualen Plättchenhemmung (DAPT) das Blutungsrisiko senkt und die Nutzen-Schadensbilanz verbessert. Neben der Empfehlung zur 12-monatigen DAPT benennen die neuen Leitlinien deshalb nun auch alternative Strategien. Wenn z. B. unter DAPT 3-6 Monate keine Komplikationen auftreten und kein hohes Ischämierisiko besteht, kann auf eine Monotherapie (bevorzugt P2Y12-Hemmer) umgestellt werden.

Frühe komplette Revaskulasierung: Bei STEMI- Patientinnen und Patienten mit koronarer Mehrgefäßerkrankung stellt sich die Frage, ob Läsionen in Nicht-Infarkt-Arterien mitbehandelt werden sollen. Die Empfehlung dazu wurde jetzt von Klasse-IIa auf Klasse-I aufgewertet: Eine komplette Revaskularisation sollte entweder gleich bei der Index-PCI-Prozedur oder innerhalb von 45 Tagen erfolgen.

Quellen:

  1. 1.

    Kongress der European Society of Cardiology (ESC) 2023, 25. - 28. August 2023, Amsterdam.

  2. 2.

    Byrne RA et al. 2023 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndromes. European Heart Journal, ehad191, doi: 10.1093/eurheartj/ehad191