Ein wärmeres Europa bietet tropischen und subtropischen Zeckenarten eine neue Heimat - mit im Gepäck haben diese oft exotische Erreger. Außerdem können sich laut RKI-Sachstandsbericht heimische Arten in einem milderen Klima schneller vermehren und länger aktiv sein.

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Zeckenentfernung mit Pinzette: Diese Aktion dürfte in den nächsten Jahren immer häufiger werden.

Auf der Liste der gefährlichsten Wildtiere in Deutschland dürfte die Schildzecke Ixodes ricinus weit oben, wenn nicht ganz an der Spitze stehen: Kein anderes frei lebendes Tier verursacht mehr Arztbehandlungen. Die Spinnentiere übertragen nicht nur Borrelien und FSME-Viren, sie sind auch nicht besonderes wählerisch, was ihre Wirte angeht, und daher weit verbreitet. In einem wärmeren Deutschland ist laut Klimaexperten mit ihrer verstärkten Ausbreitung zu rechnen. Denn hohe Temperaturen und feuchte Luft beschleunigen die Entwicklung von Schildzecken: Die Häutungszyklen verkürzen sich, zudem beginnt die Eiablage früher. Dadurch kann sich in geeigneten Biotopen, etwa Eichen-Buchen-Mischwäldern mit Unterholz, die Zeckendichte erhöhen. Zudem sind Zecken durch die kürzeren und milderen Winter länger aktiv, auch das wirkt sich auf die Größe der Population aus.

Quelle: Beermann S et al. J Health Monit 2023; doi: 10.25646/11392

Mehr FSME-Fälle in warmen Jahren

Für FSME gibt es deutliche jährliche Schwankungen, aber auch einen Aufwärtstrend für die sehr warmen Jahre zwischen 2017 und 2022: In Deutschland wurden in diesem Zeitraum pro Jahr im Median rund 500 FSME-Fälle gemeldet, zwischen 2001 und 2016 waren es nur etwa halb so viele. Zudem traten die Infekte zuletzt immer früher im Jahr auf, auch wird eine Ausbreitung von den endemischen Gebieten in Süddeutschland nach Norden beobachtet.

Die Inzidenz der Lyme-Borreliose ist dagegen in den vergangenen Jahren weitgehend unverändert, darauf deuten Seroprävalenz-Untersuchungen hin. Am häufigsten werden Fälle von Erythema migrans zwischen Juli und August beobachtet, also in den heißesten Monaten des Jahres. Die saisonale Verteilung variiert jedoch wenig von Jahr zu Jahr und hat sich zuletzt kaum verändert.

In anderen Ländern, etwa Kanada und Nordeuropa, nimmt die Borreliose-Inzidenz hingegen zu, was auf die Expansion der Zecken nach Norden zurückgeführt wird. Der Klimawandel scheint sich hier also besonders auf jene Länder und Regionen auszuwirken, die bislang noch keine Probleme mit Zecken hatten.

Rückkehr des Krim-Kongo-Fiebers

Der Erwärmung schafft hierzulande jedoch ein anderes Problem: Während heimische Zecken weiter nach Norden migrieren, ziehen wärmeliebende Arten von Süden nach. So wurde wiederholt die Rickettsien-tragenden Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) eingeschleppt, und in den sehr warmen Sommern der Jahre 2018 und 2019 ließen sich Adultstadien wärmeliebender Hyalomma-Arten wie H. marginatum und H. rufipes in zwölf Bundesländern nachweisen. In etwa einem Drittel dieser Zecken wurde Rickettsia aeschlimanni nachgewiesen, ein humanpathogener Fleckfiebererreger.

Vermutlich haben Zugvögel die Zecken aus Afrika oder Südeuropa eingetragen. Solche Zecken können auch Erreger eines ganz anderen Kalibers transportieren: In ersten Untersuchungen ließ sich der Erreger des hämorrhagischen Krim-Kongo-Fiebers bei H. rufipes in Italien nachweisen. Auch im übrigen Südeuropa scheint sich Hyalomma zunehmend zu etablieren, 2016 kam es in Spanien zu mehreren Infektionen und einem Todesfall. Das Krim-Kongo-Virus kann sich zudem über direkte Kontakte (Speichel, Blut, Urin, Kot) und möglicherweise Aerosole von Mensch zu Mensch verbreiten, sodass es gelegentlich lokale Ausbrüche verursacht. Die Mortalität bei Erkrankten liegt je nach Virusstamm zwischen 2% und 50%.