Ein abendlicher Notdienstbesuch im Altenheim. Die Pflegerin berichtete bei meiner Ankunft, dass eine Patientin sich erbrochen habe und ich ruhig schon mal vorgehen könne - sie komme gleich. „Es ist die Patientin im letzten Zimmer rechts ganz hinten“, erklärte sie mir.

Ich ging also schon mal vor. Eine ca. 80-jährige Dame empfing mich überaus erfreut und freundlich, streckte mir die Hand entgegen und stellte sich mit Namen vor. „Ich bin schon fünfundzwanzig Jahre psychisch krank“, strahlte sie über beide Backen. „Erstes Mal: Bad Cannstatt“, ergänzte sie. In Stuttgart ist das ein geflügeltes Wort, denn dort befindet sich die größte psychiatrische Klinik der Stadt. Sie sagte das so, als ob sie eine Gratulation erwartete. Ich schüttelte ihr anerkennend die Hand.

„Ich habe gehört, Sie haben sich erbrochen“, brachte ich das heutige Thema aufs Tapet. Sie überlegte ein wenig und sagte dann: „Ja, gestern.“ Ich untersuchte das Abdomen, es war weich und ohne pathologischen Befund.

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© Mediterranean / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Immer für ein Schwätzchen bereit!

Inzwischen betrat auch die Pflegerin das Zimmer und sagte lächelnd: „Die Patientin im Nebenzimmer ist gemeint.“ Also verabschiedete ich mich wieder von der netten Dame. Als ich die richtige Patientin untersucht hatte und auf dem Rückweg wieder durch das Zimmer kam, sprach sie mich noch einmal herzlich mit ihrem schwer einzuordnenden Akzent an: „Herr Doktor, wenn du mich gesund machsch, von mein Papa kriegsch was!“ Das war wirklich sehr süß, und ich verabschiedete mich sehr freundlich.