Im Zeitalter hochwirksamer krankheitsmodifizierender Therapien (DMT) gegen Multiple Sklerose (MS) wird aufgrund ihrer immunsupprimierenden Wirkung ein zuverlässiger Impfschutz immer wichtiger - und zwar möglichst noch vor dem Beginn solcher Behandlungen. Worauf es dabei zu achten gilt, erläutert das erste europäische Konsensuspapier zum Impfen bei MS der MS-Gesellschaft ECTRIMS sowie der Neurologiegesellschaft EAN:

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1. Sind Impfstoffe bei MS-Kranken sicher? Ja. Gängige Impfstoffe, etwa solche gegen Influenza, Tetanus oder Hepatitis B, erhöhen bei MS-Kranken das Risiko für neue Schübe oder eine Krankheitsprogression nicht. Abgeschwächte Lebendimpfstoffe werden aber nur für Menschen ohne DMT oder solche mit älteren Basistherapeutika, also Interferonen und Glatirameracetat, empfohlen. Alle übrigen sollten in der Regel auf Lebendimpfstoffe verzichten.

2. Wie wirksam sind Impfstoffe bei MS? Für Menschen mit MS ohne DMT haben Studien ähnliche Serumtiter nach einer Impfung ergeben wie für gesunde Menschen - eine MS scheint den Impferfolg also nicht zu beeinträchtigen. Für alle übrigen hängt der Erfolg von der Art der DMT ab.

3. Wie sieht eine geeignete Impfstrategie unter DMT aus? Empfohlene Impfungen sollten möglichst unmittelbar nach der Diagnose oder im frühen Krankheitsverlauf erfolgen, um eine DMT nicht lange zu verzögern. Überprüfen sollten Ärzte etwa, ob bereits ein ausreichender Schutz gegen Varizellen, Masern, Mumps, Röteln, Tetanus, Hepatitis B und je nach Risiko auch andere Infektionen vorliegt. Impfungen mit inaktivierten Vakzinen müssen möglichst zwei Wochen vor dem Beginn einer DMT, solche mit Lebend-impfstoffen vier Wochen davor abgeschlossen sein.

4. Wie lassen sich Kinder und Jugendliche am besten schützen? Auch hier ist zunächst wichtig, bestehende Impflücken vor Beginn einer DMT zu schließen, orientiert an den allgemeinen Empfehlungen für diese Altersgruppe.

5. Welche Impfungen sind für Schwangere nötig? Wichtig ist der Schutz vor Influenza, Röteln und Windpocken. Impfungen gegen Diphtherie, Pertussis und Tetanus sind, falls nötig, zwischen Schwangerschaftswoche 20 und 36 zu verabreichen. Ansonsten gelten die üblichen Impfempfehlungen.

6. Welche Besonderheiten gibt es für ältere MS-Kranke? Für diese Gruppe ist ein Impfschutz besonders wichtig. Neben den allgemeinen Impfempfehlungen sollte besonderer Wert auf den Schutz vor Influenza, Pneumokokken und Herpes Zoster gelegt werden, gegebenenfalls mit adjuvantierten Vakzinen.

Quelle: Otero-Romero S et al. Multiple Sclerosis Journal 2023; doi: 10.1177/13524585231168043