Freitag, später Nachmittag, die letzte Patientin kam herein. Sie hatte eine kosmetische Operation hinter sich und wollte Silikon-Narbenpflaster verordnet bekommen. Als ich sagte, dies sei zulasten der gesetzlichen Krankenkasse nicht möglich, veränderte sich ihr Gesicht. Ihr Blick durchbohrte mich, und eine Schimpfkanonade aus Nötigung, Bedrohung und Beleidigung durchzog mein Sprechzimmer.

Für das weiterführende Gespräch holte ich gleich zwei erfahrene Mitarbeiterinnen als Zeugen dazu. Der Vorschlag, das vom Chirurgen erhaltene Privatrezept bei der Kasse einzureichen und um Kostenerstattung zu bitten, konnte die Patientin nicht beruhigen. Ich solle bei der Kasse anrufen und die Sache klären! Ich müsse ihr helfen, da ich den hippokratischen Eid geschworen hätte! Sie würde die Praxis höchstens mit der Polizei verlassen! Sie würde auf Google über mich schreiben!

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© olly / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

"Wir sehen uns vor Gericht und auf Google!"

Es verging Zeit, viel Zeit. Mehrfach bat ich sie, die Praxis zu verlassen. Schließlich wurde mein Ton lauter, ich tippte sie zur Aufforderung an der Schulter. Nun rastete sie komplett aus, rief selbst die Polizei und wollte mich wegen Körperverletzung anzeigen. Dann telefonierte sie mit ihrer Krankenkasse und beschwerte sich über mich. Ich bat sie um das Telefon, um die Sache ggf. noch zu klären. Da verließ sie immerhin die Praxis und setzte sich vor unsere Tür, um in Ruhe zu telefonieren. Ich schilderte den Gang der Dinge dann der Polizei, die mich allerdings beschied, dass sie nicht mehr vorbeikommen werde, da dringlichere Fälle warteten.

Das Google-Konto der Patientin sprach übrigens laut meinen Mitarbeiterinnen Bände über ubiquitäre Konfliktsituationen. Ich habe mir diese Lektüre erspart. Eine so grobe Nötigung und Verletzung des Hausrechts ist uns noch nie passiert.