Bei einer ansonsten gesunden, 21 Jahre alten Patientin hatte sich über mehrere Wochen eine schmerzlose Schwellung der Zunge entwickelt. Die junge Frau konnte sich nicht daran erinnern, sich beim Essen verletzt oder etwas eingespießt zu haben. Sie rauchte nicht und trank Alkohol lediglich in geringen Mengen.

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© P. R. Issing

Schlucken und Sprechen funktionierten ohne Probleme. Trotzdem war die junge Frau ein wenig beunruhigt und kam in unsere Sprechstunde, um die Schwellung abklären zu lassen. Inspektorisch imponierte die Schleimhaut der Zunge vollkommen regelrecht; allerdings war die rechte Hälfte volumenvermehrt und palpierte sich deutlich induriert. Die Beweglichkeit der Zunge war normal. Pathologische Lymphknoten ließen sich zervikal weder tasten noch sonografisch nachweisen.

Wir entschieden uns gemeinsam mit der Patientin, zur weiteren Abklärung eine Biopsie zu nehmen. Dazu wurde eine Lokalanästhesie gelegt und die normale Zungenschleimhaut über der Schwellung inzidiert. Darunter wurde dann eine repräsentative Menge aus der Verhärtung entnommen.

Das Ergebnis der histologischen Analyse konterkarierte das Gefühl der Patientin, dass die Schwellung nichts Ernstes sein würde: Es handelte sich um ein Rhabdomyosarkom, einen bösartigen Weichgewebstumor, der aus aus Zellen des quergestreiften Muskels entsteht und fast jede Art von Muskelgewebe an jeder Stelle des Körpers betreffen kann. Er ist als Karzinom des Kindesalters bekannt, tritt aber - wie in unserem Fall - auch später im Leben auf.

Immerhin ließen sich bei den Staging-Untersuchungen keine Fernmetastasen erkennen. Die Patientin stellte sich in einem Sarkomzentrum vor.

Bösartige Weichgewebstumoren sind selten. Lediglich 10% treten in der Kopf-Hals-Region auf; sie machen nur 1% der malignen Kopf-Hals-Tumoren aus. Die Ätiologie ist unklar, auch wenn eine vorausgegangene Bestrahlung ein Risikofaktor sein kann. Am häufigsten werden Chondro- und Rhabdomyosarkome im HNO-Bereich beobachtet.

Wegen der Seltenheit ist eine Behandlung an Zentren anzuraten. Wenn eine R0-Resektion möglich ist, sollte diese bei vertretbarer Morbidität angestrebt werden. Andernfalls sind multimodale Behandlungskonzepte anzuwenden.

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Prof. Dr. Peter R. Issing

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-, Hals- und plastische Gesichtschirurgie, Klinikum Bad Hersfeld, Seilerweg 29, D-36251 Bad Hersfeld