Was ist die bessere Therapie bei Lagerungsschwindel, der vom posterioren Bogengang ausgeht: Das Sémont-Plus- oder das Epley-Manöver?

Befreiungsmanöver beim benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPPV) haben zum Ziel, die Otokonien, die in einen Bogengang geraten sind, durch Drehung des Kopfes wieder in Richtung des Utrikulus zu befördern. Bislang werden dafür in der aktuellen Leitlinie das Epley-Manöver (EM) oder das etwas sanftere Sémont-Manöver (SM) mit bis zu 95%igen Erfolgsquoten als gleichwertige Alternativen empfohlen. Noch schneller beschwerdefrei werden Betroffene laut einer prospektiven randomisierten Studie mit einer Variante von SM, dem Sémont-Plus-Manöver (SM-Plus).

Beim üblichen SM wird der Kopf des Patienten bzw. der Patientin zunächst um 45% zur Seite mit dem nicht betroffenen Labyrinth gedreht, dann wird der Oberkörper auf die betroffene Seite gelegt (90°-Drehung) und bleibt eine Minute in dieser Position. Danach wird der Oberkörper in einem Schwung auf die nichtbetroffene Gegenseite bewegt (180°-Wende, "großer Wurf") und erneut für eine Minute abgelegt. Anschließend setzt sich der Patient/die Patientin auf und verharrt eine weitere Minute in dieser Position.

Der Kopf wird nicht auf, sondern unter der Liegeebene abgelegt

Die Variante SM-Plus soll die "Wanderung" der Otolithen optimieren und beruht auf der Beobachtung, dass die Kristalle sich z. B. bei der initialen Neigung des Oberkörpers um 90° ungefähr um 25° weniger bewegen: Indem die Patienten Oberkörper und Kopf im ersten Schritt nicht auf der Liege ablegen, sondern unter die Ebene der Liege bewegen, sodass ein Neigungswinkel von mindestens 150° erreicht wird (Abb. 1), schwimmen die Otokonien über den Scheitelpunkt des Bogengangs hinaus. Beim großen Wurf, der dann einer Rotation um ca. 240° entspricht, werden sie so mit größerer Wahrscheinlichkeit in den Utrikulus transportiert.

In der aktuellen Studie wurden BPPV-Betroffene einer Behandlung mit SM-plus (n = 98) oder EM (n = 97) zugeteilt. Jeweils das erste Befreiungsmanöver wurde von einem Arzt oder einer Ärztin durchgeführt, danach verrichteten es die Teilnehmenden mehrmals täglich selbstständig zu Hause. Ergebnis: Bis zum Verschwinden der Schwindelattacken dauerte es mit SM-Plus im Schnitt 2,0 Tage, mit EM waren es 3,3 Tage - ein signifikanter Unterschied.

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© Strupp M et al. Springer 2022; doi: 10.1007/978-3-662-61397-9_1

Sémont-Plus-Manöver (links für den rechten, rechts für den linken posterioren Bogengang): Der Kopf wird um 45° gedreht, dann der/die Betroffene zur anderen Seite geworfen und der Kopf unter die Liegenebene bewegt.

Fazit der Studienautoren: "Das SM-Plus- ist dem EM-Manöver überlegen. Bei vielen Betroffenen sind aber mehrere Manöver notwendig".

Quelle: Strupp M et al. JAMA Neurol 2023; doi: 10.1001/jamaneurol.2023.1408