Brustkrebs ist der häufigste Tumor und die häufigste Krebstodesursache der Frau. Derzeit vollzieht sich in der Prävention eine Zeitenwende: An die Stelle des allgemeinen tritt ein gezieltes Screening.

Alle Voraussetzungen einer modernen, Risiko-adaptierten Prävention beim Brustkrebs liegen vor: Risikogene und -faktoren sowie altersabhängige Erkrankungsraten sind bekannt, der klinische Nutzen der Gendiagnostik nachgewiesen. Nun gelte es, die Prävention "in die Fläche zu bringen" und eine "Wissen-generierende Versorgung" aufzubauen, so Prof. Rita Schmutzler, Leiterin des Zentrums für Familiärer Brust- und Eierstockkrebs Uniklinik Köln.

figure 1

© microgen / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Gendiagnostik kann zeigen, ob das Brustkrebsrisiko bei 5% oder 30% liegt.

Dafür wurde das deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs unter Beteiligung von 23 Universitäten, 220 Behandlungszentren sowie 80 Krankenkassen gegründet. Mit "HerediCaRe" wurde wurde das weltweit größte Register mit Daten von bisher 140.000 Risikopersonen und über 90.000 dokumentierten Genanalysen aufgebaut.

Deutlich präziserer polygener Risikoscore

Inzwischen ist ein polygener Risikoscore entwickelt und validiert worden, der neben den bekannten Hochrisikogenen BRCA1 und BRCA2 eine Vielzahl weiterer Gene berücksichtigt, die in Summe ein hohes oder moderates Brustkrebsrisiko signalisieren können. Gleichzeitig werden alle bekannten nicht-genetischen Risikofaktoren erfasst.

Im Rahmen einer solchen umfassenden Evaluierung kann das individuelle Risiko viel präziser als bisher beschrieben werden. 30% aller Ratsuchenden mit familiärer Belastung erhalten auf dieser Basis heute eine andere Empfehlung als früher, so Schmutzler.

Fortschritt für Frauen ohne familiäres Risiko

Das Risikopräventionsmodell kann auch in der Allgemeinbevölkerung zur individuellen Risikoberechnung angewendet werden, wo das durchschnittliche Brustkrebsrisiko bei rund 12% liegt. Mit dem Modell wird man Frauen identifizieren, die ein deutlich niedrigeres Risiko aufweisen und bei denen Maßnahmen wie Mammografie-Screening überflüssig werden oder aber in größeren Intervallen erfolgen können. Gleichzeitig lassen sich auch Frauen mit einem Brustkrebsrisiko von bis zu 30% entdecken - Frauen ohne familiäre Vorbelastung wohlgemerkt. Hier wird eine engmaschigere Überwachung notwendig sein.

Wie genau ein Risiko-adaptierter Plan für Präventivmaßnahmen in der Regelversorgung aussehen sollte, muss indes noch etabliert werden.

Quelle: Vision Zero Berlin Summit, 19./20. Juni 2023