Eine im Allgemeinen gesunde 34-jährige Frau wurde zur Behanldung eines Polypen am Gebärmutterhals in eine gynäkologie Klinik überwiesen. Wegen schmerzhafter, starker Monatsblutungen nahm sie die Pille und Ibuprofen. Gelegentlich hatte sie Probleme bei der Darmentleerung. Sie war nicht sexuell aktiv.

Bei der Spekulumeinstellung zeigten sich zahlreiche Polypen, allerdings nicht in der Zervix, sondern im rechten dorsalen Scheidengewölbe. Die Wucherungen wurden kurzerhand herausgeschnitten und in die Histopathologie geschickt. Von dort kam schnell das Ergebnis: Es war eine Endometriose.

Im Ultraschall konnte man typische Zeichen im gesamten Bauchraum erkennen. Der Uterus war im Sinne einer Adenomyose diffus vergrößert. Die Eierstöcke waren verbogen und berührten sich hinter der Zervix fast ("kissing ovaries"), ein typischer Befund bei Endometriose. Das Colon sigmoideum war auf der rechten Seite mit der Scheide verwachsen - genau an der Stelle, an der die Polypen aufgetreten waren.

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© CMAJ. 2023;195:E620-1

Wucherungen an der rechten Seite des hinteren Scheidengewölbes.

Bei der Endometriose wächst endometriumähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle. 10-15% der Frauen im gebärfähigen Alter sind betroffen, wobei die Auswirkungen ganz verschieden schwer sein können. Die polypöse Form ist selten und tritt vorwiegend nicht in der Vagina, sondern an Kolon oder Eierstöcken auf. Zunächst steht oft ein Krebsverdacht im Raum.

Die Therapie ist symptomatisch und besteht in progesteron- und östrogenhemmender Medikation. Bei dieser Patientin wurde die kontrazeptive Behandlung umgestellt, um die Endometriose wirkungsvoller einzudämmen. Unter Norethisteron und niedrig dosiertem Ethinylestradiol verbesserten sich ihre Symptome spürbar.

Polypöse Läsionen in der Vagina können mit tiefer im Becken liegenden Endometrioseherden assoziiert sein. Eine Abklärung durch ein erfahrenes gynäkologisches Team ist daher unabdingbar.

Quelle: Marguerie M, Howell J, Belland L. Vaginal polypoid endometriosis. CMAJ. 2023;195:E620-1