Eine 55-jährige Patientin stellte sich mit diffusem Krankheitsgefühl vor, schweißig trotz nur leicht erhöhter Temperatur, tachykard und hypertonisch, Coronatest und EKG unauffällig, Herztöne rein, Lunge frei. Unserem Covid-sensibilisiertem Gespür nach war eine Karditis vorstellbar.

Das Labor zeigt bei unauffälligem Differenzial-Blutbild und normalem Procalcitonin ein CRP von 26,1 mg/dl, Troponin ohne Befund, aber Gamma-GT 435 U/l und GPT 673 U/l. Eher also keine Karditis. Wir forderten alle Hepatitis-Serologien nach.

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Staub und Spinnweben, gefühlt kiloweise.

Da Abdomen und Urin ebenfalls unauffällig waren, schritten wir zum Äußersten und hörten der Patientin zu. Sie war Hausfrau ohne kritische sexuelle Kontakte, Auslandsaufenthalte, Verletzungen, paramedizinische Interventionen. Und Sport? "Nie!"

"Aber irgendwas haben Sie doch gemacht?", meinte ich. "Ja, meinen Geräteschuppen gekärchert", berichtete sie. Das löste bei mir eine Gedankenkette aus. Bei der Reinigung eines Schuppens, wie auch von Keller, Speicher, Garage, Scheune, Dachboden etc., staubt es. Der Staub könnte Nagetierkot enthalten. Und dieser kann das Hantavirus transportieren! Also wurde das Labor um eine weitere Untersuchung gebeten - und prompt wurde Hantavirus nachgewiesen.

Diese meldepflichtige Infektion erreicht in der Spitze nur eine jährliche bundesweite Inzidenz von gut 2.000. Viele Infektionen verursachen nur Grippesymptome, es gibt aber auch pulmonale Verläufe mit einer Mortalität bis zu 50%.

Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch. Erst nach anderthalb Monaten hatten sich die Blutwerte normalisiert. Der Ehegatte war übrigens vom Hantavirus verschont geblieben: Er hatte die Schuppenreinigung geschwänzt, und eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist bis dato nicht beschrieben.