Die Halbwertszeit von Reformgesetzen nimmt seit Jahrzehnten ab; viele sehen das duale System aus GKV und PKV am Ende. Ein von Ärzten gegründeter Verein hat ein alternatives Finanzierungsmodell entwickelt, das auf mehr Freiheit und Eigenverantwortung setzt.

Schon zu Bismarcks Zeiten ist von seinem Leibarzt Ernst Schweninger kritisiert worden, dass Medizin nur individuell und niemals kollektivistisch betrieben werden kann. Das System aus umlageorientierter GKV und kapitalgedeckter PKV funktioniert wie das Versprechen eines Kettenbriefs oder gar als Schneeballsystem. Keines der beiden ist zukunftsfähig und bezahlbar. Beide führen zu immer schlechterer Versorgung der Patienten, zu Zeitmangel bei den Ärzten, Terminproblemen für alle Beteiligten - und drohen an einem zukünftigen Ärztemangel zu ersticken. Für viele Kollegen endet dieses Hamsterrad in Burnout.

Als Arzt für Allgemeinmedizin in eigener Niederlassung habe ich einst mit Kollegen im Achertal/Ortenau die Initiative "Frischer Wind" gegründet. In acht Jahren konnten wir keine Verbesserung über unsere KV erreichen, weshalb wir 1994 den gleichnamigen Verein gründeten und zusammen mit allen medizinischen Berufsgruppen und v. a. den Patienten eine neue Gesundheitsversorgung erarbeiteten. Unsere Ziele haben wir mit der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen, dem Kindernetzwerk, dem Bundesverband Mittelständische Wirtschaft und vielen weiteren verfolgt.

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© Gilitukha / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Weht im Gesundheitssystem bald ein neuer Wind?

Unser Modell verlässt den Weg eines planwirtschaftlichen Systems zugunsten eines lebendigen Gesundheitswesens, in dem alle Patienten wieder zu Privatpatienten werden und auch die Therapie wieder individuell erfolgen kann. Eigenverantwortung der Bürger erreichen wir durch Einführung eines persönlichen Patientenkontos bei einer Krankenkasse, auf das alle Einzahlungen erfolgen.

Solidarfonds entlastet Härtefälle

30% dieser Einzahlungen werden an einen Solidarfonds überwiesen, der eine solidarische Begleichung zum Mindestsatz der GOÄ garantiert. Subsidiarität erreichen wir durch einen sogenannten Dreijahres-Dispositions-Kredit, den man z. B. nach einer Operation oder einem Unfall bei erschöpftem eigenem Konto vom Geld der gesunden Mitbürger erhält. Er muss mit geringem Zins in Anlehnung an den Inflationsindex zurückbezahlt werden. Sollte ein Mitglied mit Schulden sterben, gleicht der Solidarfonds diese Schulden aus.

Wir führen aktuell Verhandlungen mit Krankenkassen zur Durchführung eines Modellprojekts nach den §§ 63-65 SGB V. Mit dieser Veränderung von einem planwirtschaftlichen zu einem anpassungsfähigen, freien Gesundheitswesen erhalten sowohl Patienten als auch Behandler ihre Würde und Freiheit zurück.

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Dr. med. Michael Wey

Vorsitzender des Vereins "Frischer Wind"