Druckunterschiede im Mittelohr können Schwindel auslösen. Üblicherweise geschieht das beim Übergang in größere Höhen oder Tiefen. Mitunter treten die Symptome aber auch ebenerdig auf, wie ein Fallbericht zeigt.

Der HNO-Spezialist Hee-Young Kim von der Harvard T. H. Chan School of Public Health in Boston berichtet über den Fall eines 41-jährigen Patienten mit einer Vorgeschichte von Sinusitis, nasaler Kongestion und laryngopharyngealem Reflux, der sich mit dem Symptom eines wiederkehrenden Schwindels in der Sprechstunde vorstellt. Neben dem Schwindel klagt der Mann über Klingeln in den Ohren, Brustschmerzen, Übelkeit und Angst. Der Schwindel, so sagt er, trete seit vier Monaten rezidivierend auf. Mehrere Ärzte, die er konsultiert habe, hätten ihm versichert, es handle sich um kein spezifisches Problem.

Einen Nystagmus stellt Kim nicht fest. Allerdings sind die Trommelfelle des Mannes matt, ihre Beweglichkeit ist eingeschränkt. Die Tympanometrie zeigt zudem unterschiedliche Druckverhältnisse in beiden Mittelohren.

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Trommelfelluntersuchung während eines Valsava-Manövers.

Die Diagnose lautet auf alternobare Vertigo aufgrund einer Tubendysfunktion. Diese Art von Schwindel tritt häufig bei Tauchern oder im Flugzeug auf, solange sich der Druck im Mittelohr nicht ausgeglichen hat. Doch auch eine Dysfunktion der Ohrtrompete kann zu unterschied- lichen Mittelohrdrücken führen und Schwindel auslösen - was, wie Kim betont, oft übersehen wird, wenn die Tubenfunktion nicht geprüft wird. Im vorliegenden Fall waren zudem Refluxzeichen in der Laryngoskopie zu erkennen.

Das Valsalva-Manöver hat der Patient bereits selbst angewendet, ohne Erfolg. Auch abschwellendes Nasenspray hat keine Besserung gebracht. Deshalb werden nun die Tuben katheterisiert, der Druck im Mittelohr gleicht sich aus. Die Beschwerden des Mannes werden augenblicklich gelindert. Der Patient wird angewiesen, nicht zu schniefen und Kaugummi zu kauen, um die Tuben offen zu halten.

Alternobare Vertigo hat eine insgesamt gute Prognose, der Schwindel verschwindet meist kurze Zeit, nachdem der Druckausgleich hergestellt ist. Fälle mit tage- und wochenlang persistierenden Beschwerden sind jedoch beschrieben. Hier ist es wichtig, ernstere Ursachen der Vertigo auszuschließen.

Quelle: Kim HY. Cureus 2023;15(3):e36830; doi: 10.7759/cureus.36830