Ein 42-jähriger Mann stellte sich mit einer ungewöhnlichen, schießscheibenartigen Rötung im Orbitabereich in der Praxis vor. Er klagte über Kopfschmerzen und Schmerzen im Lumbalbereich, auch war seine Temperatur leicht erhöht. Weil er kürzlich im Garten gearbeitet hatte, fragte er sich, ob ihn vielleicht ein Insekt unters Auge gestochen hatte.

Da die Gartenarbeit allerdings schon eine Woche zurücklag, hielten wir die kreisförmige Rötung in Zusammenschau mit den anderen Symptomen viel eher für ein Erythema migrans. Diese für das erste Stadium der Lyme-Borreliose charakteristische Hautrötung beginnt bei dem Zeckenstich, durch den die Erreger übertragen wurden, und breitet sich dann zentrifugal aus. Eine fehlende Wanderröte schließt aber keine Borreliose aus.

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© C. Raschka

Eine Serologie zur möglichen Diagnosesicherung ist in dieser frühen Phase nicht sinnvoll, weil die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten noch keine Antikörper im Blut hat. Bei klinischem Verdacht auf ein Erythema migrans sollte man also sofort behandeln. Unser Patient erhielt den Leitlinien gemäß Doxycyclin 200 mg/d, woraufhin Exanthem und Begleitsymptome langsam verschwanden. Die Therapiedauer sollte bei 10-21 Tagen liegen.

Die Zecke sucht sich für ihre Blutmahlzeit in der Regel eher eine versteckte Körperstelle, etwa die Kniekehle oder den Leistenbereich. Sie kann aber prinzipiell überall zustechen. Ihr Lebenszyklus umfasst drei Stadien: Larve, Nypmhe und adultes Tier. Alle drei ernähren sich von Blut, wobei die Larven sich vornehmlich an kleine Säugetiere halten.

Für den Menschen geht die größte Infektionsgefahr von den nur 2 mm großen Nymphen aus, die zwar seltener infektiös sind als die adulten Tiere, aber auch schwieriger zu entdecken sind. Es ist gut vorstellbar, dass unser Patient eine in Augennähe saugende Nymphe nicht bemerkt hat.

Übrigens können auch andere Manifestationen der Borreliose am Auge auftreten, unabhängig von der Lokalisation des Stichs. So zeigt sich zu Beginn der Erkrankung in etwa 10% der Fälle eine follikuläre Konjunktivitis. Zu einem späteren Zeitpunkt können auch eine Keratitis oder eine Uveitis auftreten. Auch schwere ophthalmologische Komplikationen wie eine retinale Vaskulitis oder eine Netzhautablösung sind möglich.

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Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Christoph Raschka

Praxis für Allgemeinmedizin - Sportmedizin, Im Igelstück 31, D-36088 Hünfeld