Für das Management der Herzinsuffizienz wird es 2023 ein Leitlinien-Update der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) mit praxisrelevanten Neuerungen geben. Wie auf der DGK-Jahrestagung erklärt wurde, ist dabei ein Punkt besonders wichtig, der besser schon sofort umgesetzt werden sollte.

figure 1

© Ozgu Arslan / Getty Images / iStock

Punkt 1: Schnelle Umsetzung des Behandlungsalgorithmus

Seit dem letzten Leitlinien-Update Herzinsuffizienz 2021 wird empfohlen, die vier prognoseverbessernden Medikamente ACE-Hemmer/ARNI, Betablocker, SGLT2-Inhibitoren und MRA gemeinsam von Anfang an zu geben. Wie wichtig das ist, könne gar nicht genug betont werden, sagte Prof. Michael Böhm, Universitätsklinik für Innere Medizin III in Homburg und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: "Einem 60-jährigen Patienten mit Herzinsuffizienz, der zügig alle vier Substanzen erhält, retten Sie damit acht Jahre Lebenszeit".

figure 2

Aktuelle Berichte von der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 12.-15.4.2023, Mannheim

Bei zögerlicher Gabe der Medikamente eines nach dem anderen, wie dies früher durchgeführt wurde, liegt die Mortalität im Folgejahr hingegen um 12% höher.

Es gibt heute Evidenz aus der STRONG-HF-Studie, dass man die vollständige Therapie möglichst noch im Krankenhaus beginnen und Patient oder Patientin nach der Entlassung engmaschig betreuen sollte, um die notwendigen Dosiserhöhungen vorzunehmen. Die rasche und sorgfältig überwachte Aufdosierung der vier Medikamente hat dabei einen größeren Effekt auf die Prognose als jedes der Medikamente für sich allein, so Böhm. Die Therapie muss deshalb schnell und konsequent intensiviert werden. So empfehlen dies die US-amerikanischen Leitlinien, und in den europäischen Leitlinien wird es hierzu ein Update geben.

ARNI oder ACE-Hemmer?

Böhm äußerte sich auch zur Frage, ob ACE-Hemmer oder ARNI der Vorzug gegeben werden sollte. In der Leitlinie stehen die beiden nebeneinander. Dies ist, wie der Kardiologe ausführte, dem Umstand geschuldet, dass der ARNI Sacubitril/Valsartan den Betroffenen in vielen Ländern nicht zur Verfügung steht, weil er nicht erstattet wird.

Der direkte Vergleich gegeneinander in der PARADIGM-HF-Studie hatte eine eindeutige Überlegenheit des ARNI gezeigt hat. Wenn man den Leitlinientext genau lese, so Böhm, dann sehe man, dass empfohlen wird, den ACE-Hemmer durch den ARNI zu ersetzen oder aber die Therapie gleich mit dem ARNI zu beginnen. Dies decke sich auch mit den amerikanischen Empfehlungen.

Punkt 2: SGLT2-Inhibitoren bei HFpEF

Seit der Leitlinienpublikation 2021 wurden mit EMPEROR-Preserved und DELIVER zwei große positive Endpunktstudien sowie eine Metaanalyse mit den SGLT2-Inhibitoren Empagliflozin und Dapa-gliflozin bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) publiziert. SGLT2-Inhibitoren stellen die erste prognostisch wirksame Therapie für die HFpEF dar. Dies wird sich im Leitlinien-Update mit einer sehr deutlichen Empfehlung niederschlagen, so Böhm.

Empfehlungen für HFmrEF

Die Leitlinienkommission beschäftigt sich auch mit jenen Patienten und Patientinnen, die eine leicht eingeschränkte ("mildly reduced") Pumpfunktion entsprechend einer Ejektionsfraktion zwischen 41% und 55% aufweisen (HFmrEF). Alle neuroendokrinen Antagonisten sind hier wirksam und reduzieren das Risiko für den Herztod sowie die Verschlechterung der Herzschwäche mit Krankenhauseinweisungen, so Böhm. Das Problem dabei ist, dass diese Patientengruppe in keiner prospektiven Studie separat untersucht wurde, sondern dass die Evidenz aus mehreren Subgruppenanalysen stammt. Dies erklärt, warum der Empfehlungsgrad nicht so deutlich ausfällt.

Punkt 3: Eisentherapie!

Die Eisentherapie bei Herzinsuffizienz ist wichtig, weil 30-60% der Betroffenen einen Eisenmangel aufweisen und dieser zur Belastungsintoleranz führt, auch ohne Anämie, so Böhm. Deshalb müssen alle Patienten und Patientinnen mit Herzinsuffizienz regelmäßig auf Eisenmangel und Anämie untersucht werden, konkret durch Blutbild, Serum-Ferritin und TSAT. Das passiert laut Böhm viel zu selten, es gebe hier eine echte Versorgungslücke.

Neben der AFFIRM-AHF-Studie lieferte jetzt mit der IRONMAN-Studie eine zweite Studie Anhaltspunkte dafür, dass eine Korrektur des Eisenmangels mit Eisencarboxymaltose bzw. Eisenderisomaltose das Risiko für klinische Komplikationen reduziert. Zusätzlich zeigen Metaanalysen für beide Substanzen eine signifikante Wirksamkeit, sodass Böhm hier eine Stärkung des bisherigen Empfehlungsgrads zur Behandlung des Eisenmangels erwartet.

Punkt 4: Prävention der Herzinsuffizienz

Mehrere Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass es möglich ist, einer Herzinsuffizienz vorzubeugen. Dies gilt für Patienten mit Diabetes mellitus sowie wie für jene mir chronischer Nierenerkrankung (CKD) mit oder ohne Diabetes, wobei SGLT2-Inhibitoren zum Einsatz kamen. Bei Patienten mit Diabetes und CKD ist Finerenon wirksam. Auch hier erwartet Böhm eine klare Leitlinienempfehlung mit ausgesprägter Erweiterung der Prävention der Herzinsuffizienz für diese Patienten und Patientinnen.

Quelle: Vortrag von Michael Böhm. Leitlinien-Updates: Fünf neue Empfehlungen für die Behandlung von Herzinsuffizienz, 89. DGK-Jahrestagung, 12.-15.4 2023, Mannheim