Was kann eine Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) bei der Schmerztherapie leisten? Können Schmerzpatientinnen und -patienten von ihrem Einsatz profitieren? Was müssen Hausärztinnen und -ärzte bei der Verordnung beachten? Diesen Fragen ging Dr. med. Silvia Maurer, Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2023 nach.

"Es ist leider häufig recht schwierig, die Eigenaktivität chronischer Schmerzpatienten wieder in Gang zu bringen und sie dahin zu bringen, dass sie ihr Dasein wieder genießen können und sie wieder Lebensfreude haben", sagte Maurer, niedergelassene Schmerztherapeutin in Bad Bergzabern. Andererseits gebe es auch Patienten, die sich über Gebühr belasten, so dass sie unweigerlich Schmerzen bekommen. Eine kognitive Verhaltenstherapie könne alle Betroffenen dazu bringen, sich besser zu kontrollieren, aktiver zu sein und sich gesund zu verhalten.

Das erreicht laut Maurer die Therapie, indem sie dysfunktionale Kognitionen bearbeitet. Damit wird dem Patienten deutlich gemacht, dass er nicht hilflos ist und dass er nicht einfach nur durchhalten muss. "Das heißt, wir wollen mit der psychologischen Schmerztherapie in den Prozess der Schmerzverarbeitung eingreifen", sagte die Schmerzexpertin. Es gehe es um Fragen wie: "Bringt der Schmerz vielleicht auch Vorteile mit sich? Mit welchen Emotionen ist er verknüpft?"

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© GET.ON Institut für Online Gesundheitstrainings (Symbolbild mit Fotomodell)

Auf Laptop, PC oder Handy verfügbar: HelloBetter-App zur Schmerztherapie.

Mit diesen Fragestellungen und deren Aufarbeitung werden auch die Nutzer der DiGA zur Behandlung chronischer Schmerzen "HelloBetter" konfrontiert. Das App-Programm besteht aus sieben wöchentlich zu absolvierenden 60-Minuten-Einheiten mit fundierter Psychoedukation mittels Texten, Videos und Audios. Es vermittelt dem Nutzer so wirksame Strategien zur Reduzierung von Schmerzbeeinträchtigungen wie etwa Achtsamkeitstechniken, kognitive Umstrukturierungen oder Anleitungen zur Selbstreflexion. Diese Strategien können durch praktische Übungen in den Alltag übertragen werden. Mit wiederholten Symptomchecks und einem Online-Tagebuch lassen sich die Therapiefortschritte festhalten, beobachten und - auch ärztlicherseits - auswerten.

Betroffene können die lange Wartezeit auf einen Therapieplatz überbrücken

Doch zeigt das verordnungsfähige Online-Therapieprogramm auch Wirkung? Maurer ist überzeugt: Die App kann zwar eine persönliche Psychotherapie nicht ersetzen, aber sie kann die Beziehungsarbeit unterstützen und Patienten bei der Schmerzbewältigung helfen. Zudem könne sie die oft sehr lange Wartezeit auf einen Therapieplatz überbrücken. Und: "Der Wunsch vieler Betroffener, das Problem selbst zu lösen, die Scham davor, Hilfe anzunehmen oder die Angst vor Stigmatisierung sind Hemmschwellen, die nicht alle aus eigener Kraft überwinden", erklärte Maurer. "Die App kann ihnen dabei helfen".

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat die App positiv bewertet und als erstattungsfähig in seinem Verzeichnis gelistet (diga.bfarm.de/de). Für die Verordnung von DiGA hat die Bundestherapeutenkammer Empfehlungen aufgestellt: Weil Mimik, Gestik, Körpersprache und nonverbale Kommunikation eines Patienten wesentlich sind, muss eine Erkrankung im persönlichen Kontakt diagnostiziert werden. Ist die Indikation gegeben, muss sicher sein, dass der Patient mit dem Programm auch umgehen kann. Fragen wie "hat der Patient ein eigenes Smartphone, kann er es selbständig bedienen, verfügt er über ausreichende Medienkompetenz?" spielen hier eine Rolle.

Quelle: Vortrag von Dr. med. S. Maurer, Deutscher Schmerz- und Palliativtag, 17. März 2023, Online