Ein 8-jähriger Junge wurde von seinen Eltern in die Notaufnahme gebracht, weil seit seit zwei Wochen sein unteres Augenlid rechts angeschwollen war. Der Patient hatte keine Schmerzen und konnte normal sehen. Kurioserweise verschwand die Schwellung beinahe vollständig, wenn er den Blick senkte.

Bei der Untersuchung war unter dem Lid eine 1,5 × 2,5 cm große Raumforderung tastbar. Wenn man das Lid nach unten zog, quoll gerötetes Subkonjunktivalgewebe darunter hervor.

Man fertigte ein Kontrastmittel-MRT von dem Bereich an, auf dem ein heterogener, aber gut umschriebener, T1-hypo- und T2-hyperintensen Tumor unten am Augapfel sichtbar war.

Nun wurde eine bioptische Probe entnommen und analysiert. Es zeigten sich dichte Schichten von kleinen, runden, blauen, Myogenin-positiven Zellen. Auf dieser Basis konnte die Diagnose Rhabdomyosarkom des Stadiums I gestellt werden. Der Tumor wurde reseziert, und der Junge erhielt eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie. Drei Monate später war er komplett genesen, sein Augenlicht blieb erhalten.

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© N Engl J Med. 2023;388:3

A: Schwellung unter dem rechten Augenlid. B: Prolaps von Subkonjunktivalgewebe. C: Hypointenses Signal in der T1-Wichtung im MRT. D: Präparat mit Myogenin-positiven Zellen.

Das Rhabdomyosarkom ist im Kindesalter der häufigste Weichteiltumor und auch der häufigste Krebs im Bereich des Auges. Es entwickelt sich aus Zellen des quergestreiften Muskels. Wenn Augenlidschwellungen sich wie in diesem Fall mit der Bewegung des Auges verändern, sollte man an eine muskuläre Beteiligung denken.

Quelle: Berg EJ, Clark JD. Orbital Rhabdomyosarcoma. N Engl J Med. 2023;388:3