Die internationalen GOLD-Kriterien definieren das Anfangsstadium einer COPD in Abhängigkeit von der Einsekundenkapazität (FEV1). Jetzt legt eine Studie nahe, dass die Krankheit schon früher beginnen dürfte. Zeit zum Umdenken!

Eingeschlossen wurden 778 aktive und ehemalige Raucher mit > 20 Packungsjahren aus einer multizentrischen Kohorte aus den USA. Keiner von ihnen erfüllte die spirometrische Definition einer COPD, nach der die FEV1 nach der Gabe eines Bronchodilatators bei < 70% der forcierten Vitalkapazität liegen muss (Tiffeneau-Index < 0,7). Einige von ihnen lagen allerdings vor der Dilatation unter diesem Wert. Andere obstruktive Lungenerkrankungen sowie Asthma waren Ausschlusskriterien.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden zu einer möglichen COPD-typischen klinischen Symptomatik befragt. Zusätzlich wurden sie per Lungen-CT auf bereits bestehende morphologische COPD-Manifestation untersucht.

Es zeigte sich, dass Patienten mit einem prädilatatorischen Tiffeneau-Index < 0,7 deutlich häufiger bereits über eine COPD-Symptomatik berichteten als spirometrisch unauffällige Personen. Auch waren bei ihnen Atemwegsveränderungen und Lungenemphyseme ausgeprägter. Im Verlauf entwickelten sie des Weiteren häufiger eine COPD.

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© Koldunov / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Quelle: Buhr RG, Barjakta- revic IZ, Quibrera PM et al. Reversible Airflow Obstruction Predicts Future COPD Development in the SPIROMICS Cohort. Am J Respir Crit Care Med. 2022;206:554-62

MMW-Kommentar

Der postbronchodilatatorische Tiffeneau-Index von 0,7 ist nach wie vor die GOLD-Grenze für die COPD. Die Studie zeigt, dass auch Personen im "unauffälligen" Bereich schon ausgeprägte respiratorische Beschwerden und strukturelle Lungengerüstveränderungen aufweisen können. Die Daten unterstützen das Konzept einer "Prä-COPD", um Patienten mit erhöhtem Risiko zur Entwicklung des Vollbildes der Erkrankung zu identifiziert. Dies ist bei anderen Erkrankungen bereits verbreitet, Beispiel: Prädiabetes. Die deutsche Nationale VersorgungsLeitlinie setzt sich bereits für ein "Lower limit of normal" ein.

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PD Dr. med. Kathrin Kahnert

Medizinische Klinik und Poliklinik V, Klinikum der Universität München

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Michael Gerckens

Medizinische Klinik und Poliklinik V, Klinikum der Universität München