Wie komplex die Anpassung der Medikation bei chronischer Nierenerkrankung (CKD) sein kann, verdeutlicht eine Studie aus Spanien: Von den hausärztlich versorgten Patientinnen und Patienten bekam die Hälfte mindestens eine ungeeignete Therapie.

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Bei Niereninsuffizienz - rechts im 3-D-Bild - gehören Verordnungen auf den Prüfstand.

Ausgewertet wurden die Patientenakten von 273 Frauen und Männern aus zwei Praxen in Barcelona, sie hatten im Abstand von mindestens 3 Monaten eine eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 aufgewiesen und damit das Kriterium einer CKD erfüllt. Es handelte sich mehrheitlich um Frauen im Alter ab 75 Jahren mit einer zumeist geringgradigen CKD in Kombination mit weiteren Erkrankungen und Polypharmazie. Bei gut einem Fünftel war die CKD nicht explizit in der Krankenakte vermerkt.

Insgesamt fanden sich bei den chronisch Nierenkranken 201 inadäquate Verordnungen. 134 Personen (49%) hatten mindestens eine solche Therapie erhalten. Sie wiesen keine wesentlich anderen Eigenschaften auf als Patienten ohne ungeeignete Medikamente.

Bei den unangemessenen Verordnungen handelte es sich in der Mehrzahl (78%) um ungeeignete Dosierungen und/oder Einnahmefrequenzen, aber in fast jedem 7. Fall auch um einen kontraindizierten Wirkstoff. Besonders häufig wurden Lipidsenker, Analgetika, ACE-Hemmer und Antidiabetika fehlerhaft rezeptiert. Überdosiert wurden v. a. Enalapril, Atorvastatin, Lormetazepam, Paracetamol, Metformin und Sitagliptin. Unter den Medikamenten, die trotz Kontraindikation verschrieben wurden, waren Citalopram, Alfuzosin und Cholecalciferol führend.

Potenziell nephrotoxische Medikamente wie NSAR, Diuretika oder Protonenpumpenhemmer (PPI) wurden sogar 94% der Nierenkranken verordnet. Darunter waren auch zwei Patienten mit der besonders gefährlichen Dreierkombination aus NSAR, Renin-Angiotensin-System-Inhibitor und Diuretikum ("Triple Whammy"), die über eine Reduktion des glomerulären Filtrationsdrucks und Hypovolämie ein akutes Nierenversagen auslösen kann.

Medikamente mit hohem Natriumgehalt, die bei CKD ebenfalls ungünstig sind, erhielten 8% der Patienten; fast immer waren es Brausetabletten mit Paracetamol oder Kalzium und Vitamin D, also leicht vermeidbare Natriumquellen.

Die Studiengruppe fordert, mehr Maßnahmen zu implementieren, die die Verordnungssicherheit bei CKD erhöhen. Dass z. B. kontraindizierte Antidiabetika und Triple Whammy in der Studie nicht häufiger auf dem Plan standen, dürfte einem in den Zentren genutzten System zu verdanken sein, das davor warnt. Außerdem wird die Verordnung von direkten oralen Antikoagulantien (DOAK) dort von Klinikapothekern geprüft - so gab es keine einzige inadäquate Verordnung.

Quelle: Ruiz-Boy et al. BMC Primary Care 2022;23:323s