Haben Patientinnen Unterbauchschmerzen, die sich im Stehen, Sitzen und während der Menstruation verschlechtern, könnte es sich um das pelvine Stauungssyndrom handeln. Mit Hilfe eines Scores lässt sich gut einschätzen, ob es sich bei betroffenen Frauen um diese Erkrankung handelt.

Durch zahlreiche Studien und Publikationen der letzten Jahre wird immer mehr über das pelvine Stauungssyndrom, englisch "pelvic venous disease" (PeVD), bekannt: Beim PeVD tritt chronischer Unterbauchschmerz auf, der mindestens seit 6 Monaten anhält. "Von einem PeVD sind ganz überwiegend Frauen betroffen, die mehrere Kinder geboren haben", erklärte Mühlberg, Fachärztin für Innere Medizin und Angiologie. "Ihre Schmerzen nehmen im Stehen, im Sitzen, während des Geschlechtsverkehrs und während der Menstruation zu. Die Betroffenen leiden häufig auch unter Hämorrhoiden, Obstipation und Harndrang."

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Die Erkrankung PeVD äußert sich in chronischen Unterbauchschmerzen.

Ursache sind meist varikös dilatierte Ovarialvenen, die zu einer verlangsamten Strömung, Blutstauung und Reflux im Utero-Ovarialplexus führen und bis in die Vulva reichen können. Zwei Ursachen wurden identifiziert: Im ersten Fall kommt es zum sog. Nussknacker-Syndrom, bei dem die linke Nierenvene - besonders bei sehr schlanken Patientinnen - zwischen der Aorta abdominalis und der Arteria mesenterica superior eingeklemmt wird. Es entsteht ein Rückstau von Blut, die Venen werden varikös. Im zweiten Fall stellt sich das May-Thurner-Syndrom ein, auch als Vena-iliaca-Kompressionssyndrom bekannt: Die linke Beckenvene (Vena iliaca communis) wird durch die rechte Beckenarterie (Arteria iliaca communis) überkreuzt. Der aggressive Puls der Arterie führt zu einem Widerstand in der Beckenvenenwand. In der Folge verdickt sich die Venenwand, bildet Sporne aus, es kommt zu einer Einengung und zu einem retrograden Fluss bis in die Beckenvenen. Folgen sind die Ausbildung einer Varikosis oder aber auch einer Beckenvenenthrombose.

Diagnostisches Vorgehen

Wer sollte auf ein PeVD gescreent werden? Dazu stellte Mühlberg einen Score vor, mit dem die Wahrscheinlichkeit, ob es sich um ein pelvines Stauungssyndrom handelt, bemessen werden kann. Für folgende Symptome werden Punkte verteilt:

  • Unterbauchschmerz > 3 Monate (3 Punkte),

  • Vulvavarikosis behandelt o. unbehandelt (2 Punkte),

  • Beinvarikosis behandelt o. unbehandelt (2 Punkte),

  • Schmerzzunahme während aufrechter Position, Geschlechtsverkehr oder Menstruation (1 Punkt),

  • mindestens eine Geburt (1 Punkt),

  • andere Ursachen, wie gynäkologische, urologische, gastrointestinale, unwahrscheinlich (1 Punkt).

Mit ≥ 3 Punkten sollte an ein PeVD gedacht werden, mit < 3 Punkten ist das Vorliegen der Erkrankung eher unwahrscheinlich.

Das pelvine Stauungssyndrom wird überwiegend sonografisch diagnostiziert. Es sollten eine Abdominal- und Vaginal-Sonografie durchgeführt werden, und zwar wenn möglich im Stehen. "Das ist zwar eine gewisse Herausforderung, funktioniert aber gut", so Mühlberg. Auch eine Magnetresonanz-Phlebografie kann eingesetzt werden, bei der die varikös veränderten Gefäße aufgezeigt werden. In Anlehnung an die CEAP-Klassifikation zur Einteilung für den Schweregrad einer chronischen venösen Insuffizienz wurde eine SVT-Klassifikation entwickelt. Darin werden Symptome (S0 = keine, S1 = renal, S2 = in-trapelvin oder S3 = extrapelvin), Varizen (V0 = keine, V1 = Nierenhilus, V2 = intropelvin, V3 = extrapelvin) und Pathophysiologie (Anatomie/Lokalisation, Hämodynamik, Ätiologie) festgehalten. "Alle Kategorien sollten gut dokumentiert werden, um das Erkrankungsbild auf eine wissenschaftliche Basis zu heben - auch hinsichtlich der Therapieoptionen", sagte Mühlberg.

Die Therapie hängt von der Ursache ab: Sie reicht vom einfachen Coiling der Beckenvarizen über Rekanalisation von verengten oder thrombosierten Beckenvenen bis hin zum Stenting. Mühlberg wies darauf hin, dass es sich bei den Therapieoptionen in den betreffenden Gefäßen noch um sehr junge Methoden handele, ohne hinreichende Langzeitergebnisse.