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Eine wirksame Antikörpertherapie gegen Alzheimer wäre zwar wünschenswert, Ärzte sollten aber auch präventive Maßnahmen bei alten Menschen nicht vergessen, so der Geriater Prof. Richard Dodel aus Essen. Damit ließe sich bereits heute jede fünfte Demenz verhindern.
MMW: Lecanemab konnte in der Phase-3-Studie Clarity-AD die Demenzprogression statistisch signifikant um 27% bremsen. Werden wir jetzt Antikörperthera- pien gegen Alzheimer bekommen?
Prof. Richard Dodel: Das wäre prima, aber ganz so eindeutig ist das nicht. Die Frage ist, ob das Studienergebnis klinisch relevant ist (s. Beitrag links). Und wir haben eine recht hohe Rate an zerebralen Ödemen und Mikroblutungen in der Bildgebung. Größtenteils ist das sicher unproblematisch, aber gerade bei den zerebralen Mikroblutungen wissen wir noch nicht, welche Langzeiteffekte damit verbunden sind - und solche Ereignisse traten unter Lecanemab doppelt so oft auf wie unter Placebo (17,0% vs. 8,7%; d. Red). Lecanemab hat sicher eine hohe Chance auf eine Zulassung, aber niemand kann derzeit wissen, wie sich die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA positioniert.
MMW: Wie sehen Sie die Zukunft der Alzheimertherapie?
Dodel: Alzheimer ist sicher keine eindimensionale Erkrankung nach dem Motto, wir nehmen das Beta-Amyloid weg und alles wird gut. Wir gehen von einer multifaktoriellen Erkrankung aus, vergleichbar mit Krebs, und da steuern Sie heute bei der Therapie nicht nur einen, sondern zwei oder drei Mechanismen an, um einen Tumor in den Griff zu bekommen. Langfristig werden wir vielleicht auch Tripel- oder Quadrupeltherapien bei Alzheimer haben. Wie die dann aussehen, lässt sich kaum sagen. Derzeit werden in klinischen Stu-dien auch viele andere Ziele als Beta-Amyloid intensiv untersucht.
MMW: Bis es soweit ist, was können wir mit Lebensstil und Prävention erreichen?
Dodel: Die Alzheimerprävention ist ein ganz wichtiger Punkt und sollte fester Teil einer Behandlung älterer Menschen werden, egal, ob wir in Zukunft eine Antikörpertherapie bekommen oder nicht. Es gibt mittlerweile so viele Daten, nach denen präventive Maßnahmen auch im höheren Alter noch relevant sind. Gut zusammengefasst ist das in einer vor zwei Jahren erschienenen Publikation im "Lancet". Danach sind 40% des Demenzrisikos modifizierbar, 20% noch im Alter. Gehen wir also Probleme wie Depression, soziale Isolation oder körperliche Inaktivität bei älteren Menschen an, und schauen, dass sie gut hören und sehen, können wir jede fünfte Demenz vermeiden. Bei uns in der Klinik sind geschätzt 60% der Hörgeräte nicht richtig eingestellt, so etwas lässt sich schnell ändern.
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Müller, T. "Demenzprävention sollte bei Älteren fester Therapieteil sein". MMW - Fortschritte der Medizin 164, 11 (2022). https://doi.org/10.1007/s15006-022-2215-y
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