Unter dem Titel "Proktologie in der Hausarztpraxis" konnte man in unserem jüngsten CME-Sonderheft [MMW Fortschr Med. 2022;164(Suppl 3):40-7] sein Wissen über Beschwerden im Analbereich auffrischen. Eine Leserin hat dazu eine wichtige Ergänzung.

Danke für den praxisnahen, wichtigen Artikel! Ich möchte gern einen Hinweis zur Analfissur geben, weil ich inzwischen zwei Patienten hatte, die eine spezielle Anamnese hatten und nach meiner Einschätzung Beispiele für eine größere Gruppe sein können. Es handelt sich um junge, in der Regel homosexuelle, aus dem Iran geflüchtete Männer, die berichten, dass sie dort auf Polizeistationen mit dem gefürchteten Besenstil durch rektale Vergewaltigung gefoltert werden. Bei meinen beiden Patienten waren die Analfissuren plausibel auf solche Vergewaltigungen zurückzuführen.

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Protest gegen das iranische Regime (in Paris).

In beiden Fällen habe ich die chirurgischen Kollegen um eine präoperative Fotodokumentation gebeten. Es wäre möglich, dass dies bei der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen relevant wird.

Bei meinen Patienten hat es mehrere Anläufe gebraucht, bis mir einer von beiden den Hinweis gab, was passiert war. Das Thema ist äußerst schambesetzt und wird auch bei unseren Sozial- und Ausländerbehörden nicht offen angesprochen.

Wenn die Analfissur operiert werden soll, ist es ratsam, vor einer Operation die Wohnsituation zu klären. Wenn zwanzig junge Männer sich zwei Toiletten teilen, ist das postoperativ notwendige Wundduschen praktisch unmöglich. Auch wenn wir streng den Datenschutz beachten müssen, hatte ich mit einem beherzten Anruf beim Sozialamt Erfolg, sodass ein Umzug möglich wurde und für die durchaus langwierige postoperative Wundheilung eine geschützte Wohnsituation bestand.