Eine an sich gesunde 82-jährige Patientin litt seit ca. 10 Tagen an Halsschmerzen. Mit der Zeit waren auch Ohrenschmerzen hinzugekommen. Trotz einer analgetischen und antibiotischen Therapie ging es ihr immer schlechter, sodass sie sich schließlich in eine HNO-Klinik begab.

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© (3) P. R. Issing

Erosionen an Cavum conchae, Crus inferius anthelicis.

Die Dame hatte zunächst von ihrem Hausarzt Azithromycin, Novalgin und im weiteren Verlauf noch Clarithromycin erhalten. Dennoch ging es ihr bei der Vorstellung in unserer Klinik sehr schlecht. Die Schmerzen gab sie auf einer visuellen Analogskala (VAS) mit einer 10 an. Die orale Nahrungsaufnahme war ihr nahezu unmöglich geworden.

Bei der HNO-Erstuntersuchung fanden sich relativ dezente Effloreszenzen am Gehörgangseingangstrichter. Hauptbefund waren schmierig belegte Ulzera der Hinterwand des Oro- und Hypopharynx sowie eine Rötung der beweglichen rechten Stimmlippe. Die CRP-Konzentration war mit 9 mg/l ebenso wie der Kalziumspiegel mit 2,59 mmol/l leicht erhöht; die übrigen laboranalytischen Parameter waren regelrecht.

Unter der Annahme eines Zoster cranialis erfolgte die i.v. Gabe von Aciclovir 3 × 500 mg/d. Gegen den Vernichtungsschmerz erhielt sie 12 Wochen lang Pregabalin, initial 2 × 50 mg/d mit einer Steigerung über drei Tage auf 2 × 100 mg/d. Zusätzlich erhielt sie Tapentadol 2 × 50 mg akut. Unter dieser Therapie kam es zu einer raschen Besserung des Pharynxbefunds sowie der Schmerzen, deren Intensität auf der VAS auf 2 absanken. Die Läsionen am Cavum persistierten noch für ca. drei Wochen.

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Gerötete rechte Stimmlippe, Schwellung der Plica aryepiglottica.

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Läsionen an Rachenhinterwand, Recessus piriformis rechts, Vallecula glossoepiglottica.

Die auch Zoster oticus genannte Manifestation eines Ausbruchs von persistierenden Varizella-Zoster-Viren (VZV) ist klinisch nicht so einfach zu erkennen wie die klassische Gürtelrose. Auch serologisch ließen sich bei unserer Patientin erhöhte IgG- und hochnormale IgA-, nicht jedoch IgM-Antikörper gegen VZV nachweisen. Diese Konstellation wird gerade bei Zoster-Erkrankungen im Kopf-Hals-Bereich häufiger beobachtet. Gefürchtet sind beim Zoster oticus eine Fazialisparese und ein cochleovestibulärer Ausfall.

Alle Zoster-Erkrankungen sind impfpräventabel. Die STIKO empfiehlt die Impfung ab 60 Jahren und ab 50 Jahren bei einer Immunschwäche.

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Prof. Dr. med. Peter R. Issing

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf-, Hals- und plastische Gesichtschirurgie, Klinikum Bad Hersfeld, Seilerweg 29, D-36251 Bad Hersfeld