Der bei COPD bestens etablierte langwirksame Muskarinantagonist (LAMA) Tiotropium wirkt bronchodilatativ und unterdrückt die Schleimbildung. Er böte sich auch für die Therapie einer Bronchiektasie an - konnte aber in einer Studie nicht überzeugen.

Für eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie zur exazerbationssenkenden Wirkung von inhaliertem Tiotropium wurden in Neuseeland 90 Patienten mit Bronchiektasie rekrutiert. In der Verumgruppe erhielt man einmal täglich 18 µg des Wirkstoffs. Die Studie lief über sechs Monate, wobei in der Mitte ein Washout-Monat und ein Cross-over in die andere Gruppe lagen. Sekundäre Parameter waren die FEV1, die Zeit bis zur ersten Exazerbation, die Lebensqualität, die 6-Minuten-Gehstrecke, Nebenwirkungen und Entzündungsmarker.

Initial lag die mittlere FEV1 in den beiden Gruppen bei 59,4% bzw. 64,2% vom gesamten Ausatemvolumen. Das mittlere Patientenalter betrug ca. 60 Jahre, etwa ein Viertel litt an Asthma. Die jährliche Exazerbationsrate betrug in der Tiotropiumgruppe 2,17 und in der Placebogruppe 2,27 (Risikoverhältnis 0,96, p = 0,77). Ein Einfluss von Tiotropium konnte somit nicht nachgewiesen werden. Die Lungenfunktion verbesserte sich aber signifikant: Nach sechs Therapiemonaten stieg die FEV1 gegenüber Placebo signifikant um knappe 60 ml an. Dies entspricht einer Verbesserung des Anteils am Ausatemvolumen um gute 2,5 Prozentpunkte. Alle anderen sekundären Ergebnisparameter blieben negativ. Das Nebenwirkungsprofil war in beiden Gruppen gleich.

Quelle: Jayaram L, Vandal AC, Chang CL et al. Tiotropium treatment for bronchiectasis: a randomized, placebo-controlled, crossover trial. Eur Respir J. 2022;59:2102184

MMW-Kommentar

Die methodisch gute Studie bearbeitet ein wichtiges Thema. Die Therapie von Bronchiektasien, denen keine zystische Fibrose zugrunde liegt, ist langwierig und schwierig. Es wäre zu hoffen gewesen, dass das bei COPD gut etablierte Tiotropium als Option infrage käme. Dies ist jedoch nicht der Fall, weswegen die Hypothese der antiinflammatorischen Wirkung bei diesem Patientengut leider fallen gelassen werden muss. Auch die bronchodilatative Wirkung ist äußerst bescheiden und kann die Exazerbationsrate nicht beeinflussen.

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Prof. Dr. med. A. Gillissen

Medizinische Klinik III, Klinikum am Steinenberg, Reutlingen