Im Flugzeug nach Barcelona traf ich einen Bekannten, der beruflich unterwegs war - zum Vertriebskongress einer US-amerikanischen Firma für Nahrungsergänzungsmittel. Wie immer gab es neben ein paar Freundlichkeiten nur ein Thema, nämlich diese kleinen Kapseln mit Obst- und Gemüseextrakten, die im Schneeballsystem vertrieben werden und unserem Nachbarn ein dickes Einkommen bescheren. "Auch diese Reise bezahlt die Firma!", erklärte er stolz. Und wie immer war er voller Unverständnis darüber, dass ich noch immer nicht zu seinen Verkäufern zähle. Nun legen allerlei ernsthafte Untersuchungen nahe, dass man mit gesunder Ernährung und Lebensweise allein nicht schlechter dran ist, als wenn man diese mit teuren Kapseln ergänzt. Aber jede verkaufte Dose bringt dem Verkäufer eine gute Provision, dem "Chef" des Verkäufers auch, der Firma auch - und so werden viele Kaufleute glücklich, wenn jemand seinen Patienten Gemüsekapseln andreht.

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Darum werden interessierte Laien, aber auch Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten zu glühenden Geschäftsmännern. Sie werden theoretisch so gut geschult, dass man sich fast wie ein Selbstmörder vorkommt, wenn man ihr Präparat nicht kauft. Auch dieser Verkäufer machte den Eindruck, als glaubte er seine Botschaft selbst. Man hatte den Eindruck, einem Sektenmitglied zuzuhören.

"Wir sind jetzt sogar Partner der Olympiade!", trumpfte der Geschäftsmann auf. Na dann muss sein Präparat ja genauso gesund wie Mars-Riegel und Coca Cola sein. Ich werde weiter darauf verzichten, wie auch auf die Gesellschaft von Leuten, die mal wirklich nett waren, aber denen ich nun einen Sekten-Ausstiegs-Berater vermitteln möchte.