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Eine neue Studie hat die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Ärztinnen und Ärzte untersucht. Ergebnis: Sehr viele Niedergelassene sind psychisch stark belastet. Noch häufiger treten Erschöpfungszustände bei Krankenhausärzten auf. Die Untersuchung wird derzeit zur Publikation vorbereitet. MMW sprach mit Studienleiter Prof. Andreas Götte über erste Ergebnisse.
MMW: Sie haben erforscht, was für Folgen die Corona-Pandemie für Ärztinnen und Ärzte hat. Wie war die Studie aufgebaut?
Prof. Andreas Götte: Wir wollten systematisch an einem großen Ärztekollektiv erfassen, wie die Corona-Pandemie sich auf den ärztlichen Beruf ausgewirkt hat, welche Erfahrungen Ärzte mit Corona-Patienten gemacht haben und wie die Corona-Pandemie das psychische Befinden der Ärzte beeinflusst. Daher haben wir eine Studie aufgelegt, in der wir 1.476 Mitglieder der Ärztekammer Westfalen- Lippe angeschrieben haben. Die Teilnehmer, niedergelassene und Krankenhausärzte, haben einen anonymisierten Fragebogen ausgefüllt. Das waren Allgemeinmediziner, Internisten, Chirurgen, Gynäkologen und Ärzte für Pädiatrie oder Kinder- und Jugendmedizin.
MMW: Was können Sie uns zu den Ergebnissen sagen?
Götte: Viele der befragten Ärzte, nämlich gut 84%, haben selbst Covid-Patienten behandelt. Auffallend: Nach Einschätzung von 43% der Ärzte konnte die Würde dieser Patienten nicht immer bewahrt werden. Wir sind ja mit unserer Befragung in die 4. Coronawelle geraten, während der über lange Zeit Besuchsverbote, z. B. in Altenheimen bestanden haben. Das hat dazu geführt, dass Patienten keinen Besuch bekommen konnten und ohne persönlichen Kontakt zu ihren Angehörigen verstorben sind.
Die Behandlung von Nicht-Corona-Patienten beurteilten 52% der Ärzte als eingeschränkt, 29% sogar als stark eingeschränkt.
Depressionen und Angststörungen sind keine Seltenheit
MMW: Das deutet auf Belastungen der Ärztinnen und Ärzte hin …
Götte: … ja, 60% aller Befragten fühlten sich erschöpft, vor allem bezogen auf die berufliche Tätigkeit. Gut 18% bescheinigten sich in den Antworten eine manifeste Depression, aber auch Angststörungen. Das ist schon beträchtlich und besorgniserregend! Junge Ärzte mit weniger als 5 Jahren Berufserfahrung waren deutlich stärker psychisch belastet als länger tätige Kolleginnen und Kol-legen.
MMW: Steht dies alles im Zusammenhang mit Corona?
Götte: Nicht nur. Erschöpfung, Depres-sionen und Angstsymptome hingen nicht unbedingt damit zusammen, ob der Arzt sehr viele oder wenige Covid-Patienten versorgt hat, sondern eher mit dem allgemeinen Arbeitsumfeld. Wir folgern aus der Umfrage und den Ergebnissen einer anderen Studie aus 2020, dass diese Effekte nicht mit Beginn der Pandemie einfach da waren und gleichbleibend bestehen, sondern dass es additive Effekte gibt. Es ist nicht sicher, dass die genannten Zahlen nicht noch weiter steigen, wenn die Corona-Pandemie und die Belastungssituation der Ärzte jetzt noch ein, zwei Jahre anhält.
MMW: Können Sie etwas zu den Unterschieden zwischen klinisch tätigen und niedergelassenen Ärzten sagen?
Götte: Wir sehen, dass Krankenhausärzte stärker belastet sind als die Niedergelassenen. Doch es sind immerhin 53% der befragten Praxisärzte, die unter Erschöpfungssymptomen leiden - unter Krankenhausärzten sind es 63%. Deutlich häufiger traten bei den Niedergelassenen als belastend empfundene externe Zwänge auf, die direkt auf ihr ärztliches Handeln Einfluss nahmen.
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Müller-Waldeck, R. "Über die Hälfte der Niedergelassenen leidet unter Erschöpfungssymptomen". MMW - Fortschritte der Medizin 164, 19 (2022). https://doi.org/10.1007/s15006-022-1938-0
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