Ein 75-jähriger Patient rief den Notdienst wegen Obstipation. Vorgefunden wurde er in reduziertem Allgemeinzustand, etwas verwirrt und ziemlich verwahrlost. Am Ende stand eine relativ seltene Diagnose, die man früher hätte stellen können.

Prof. Alexander Rosenkranz, Graz, stellte diesen Fallbericht auf dem Internistenkongress vor. Die Notärztin bemerkte bei dem Mann eine Gangunsicherheit, leichte Halbseitensymptomatik sowie eine Fazialisparese links und brachte ihn deshalb ins Krankenhaus. Dort landete er auf der Stroke Unit.

Der Neurologe ordnete eine Rehydrierung an, danach war der neurologische Status unauffällig. Die CCT- und MR-Diagnostik ergab keinen Hinweis auf eine zerebrale Blutung oder Diffusionsstörung. Das Thoraxröntgen war unauffällig, die abdominale Bildgebung bestätigte durch ein stuhl- und gasgefülltes Kolon die Obstipation.

Das Aufnahmelabor zeigte wenig Auffälligkeiten, allerdings war die Nierenfunktion mit einem Kreatinin von 1,5 mg/dl eingeschränkt, und es bestand eine Hypokaliämie. Der Kalziumwert ging mit 2,19 mmol/L als normal durch. Der Mann wurde auf die Innere verlegt, sein Allgemeinzustand blieb weiter reduziert. Festgestellt wurde nun ein Harnwegsinfekt, der Ursache des Nierenversagens wurde nicht nachgegangen.

Am Morgen der geplanten Entlassung berichtete das Pflegepersonal, dass der Patient vor dem Waschbecken sitze und nicht wisse, was er dort machen soll - die Ärzte behielten den Patienten in der Klinik.

Im erneuten Laborbefund fiel auf, dass das Kreatinin weiter auf 1,9 mg/dl angestiegen war, der Kalziumwert betrug jetzt plötzlich 4,37 mmol/L. Beim Vergleich mit dem Aufnahmelabor in der Neurologie fiel auf, dass dort nur das ionisierte Kalzium angegeben war, das jedoch einem doppelt so hohen Gesamtkalzium entspricht. Es bestand also bereits bei Aufnahme eine deutliche Hyperkalzämie, die wegen des scheinbar normalen Messwerts unbemerkt blieb. Die Hyperkalzämie war auch die Ursache der Niereninsuffizienz und der Dehydratation - der Patient hatte einen primären Hyperparathyreoidismus.

Eine intensive Hämodialysetherapie und eine akute Parathyreoidektomie konnten die Niere und den Patienten doch noch retten. Wenn man in der Neurologie nicht am Labor gespart hätte, wäre die Diagnose sicher schon früher gestellt worden.