Diskriminierung von HIV-Patienten findet auch und gerade in deutschen Arztpraxen statt. Zu diesem Ergebnis kommt das Forschungsprojekt "positive stimmen 2.0". Betroffene berichten, dass Krankenakten "markiert" und medizinische Leistungen verwehrt wurden.

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Aus medizinischer Sicht stellt eine HIV-Infektion, sofern sie adäquat behandelt wird, heute kaum mehr ein Problem dar. Was die Lebensqualität von Menschen mit HIV einschränkt, ist nicht etwa die Infektion selbst, sondern es sind vor allem Vorurteile und Diskriminierung. Damit sind HIV-Infizierte häufig ausgerechnet im Gesundheitswesen konfrontiert, so das Ergebnis des Forschungsprojekts "positive stimmen 2.0". Die Daten basieren auf 935 Online-Fragebögen sowie 450 Interviews, in denen HIV-positive Menschen über ihre Erfahrungen berichten. Die Studie fand im Auftrag der Deutschen Aidshilfe sowie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) statt, die Interviews wurden von ebenfalls HIV-positiven Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (Peers) geführt.

Termin am Ende der Sprechstunde

Von 521 Befragten berichtete jeder Zehnte, dass ihm oder ihr im letzten Jahr aufgrund des HIV-Status eine Gesundheitsleistung verweigert worden sei. Besonders häufig betraf dies die zahnärztliche Versorgung, aber auch aus allgemeinärztlichen oder internistischen Praxen wurden einschlägige Erfahrungen berichtet. Jeder dritte Befragte hatte erlebt, dass seine Krankenakte besonders "markiert" wurde, jedem Fünften war bei der Anmeldung ein besonderer Termin, z. B. am Ende der Sprechstunde, zugeteilt worden. Vielen war außerdem aufgefallen, dass der Arzt Körperkontakt vermied und unangemessene Fragen stellte, etwa zum genauen Hergang der HIV-Infektion.

Quelle: 18. Münchner AIDS- und COVID-Tage, 25.-27. März 2022