Die T4-Monotherapie ist der Goldstandard bei der Behandlung der symptomatischen Hypothyreose. Doch wenn der Patient trotz Euthyreose unter der Levothyroxin-Substitution weiterhin über Symptome klagt, sollte man dann eine T4/T3-Kombination einsetzen?

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© Peakstock, Stock Adobe (Symbolbild mit Fotomodellen)

Viele Hypothyreosepatienten haben trotz ausreichender T4-Substitution weiter Beschwerden.

Im Unterschied zur subklinischen Hypothyreose stellt die manifeste Hypothyreose eine klare Indikation für eine Schilddrüsenhormonsubstitution dar. "Bisher wird in den Leilinien eine T4-Monotherapie empfohlen", sagte Dr. Viktoria Florentine Köhler, Frankfurt a. M. auf dem diesjährigen Internistenkongress. Doch es gebe durchaus Argumente für die T4/T3-Kombination.

Pharmakologisch gibt es Unterschiede zwischen T4 und T3. Bei T4 beträgt die Halbwertszeit 190 Stunden, bei T3 nur 19 Stunden. Die Schilddrüse sezerniert T4 und T3 im Verhältnis von 14 : 1. Ca. 80% des aktiven Metaboliten T3 entsteht in den peripheren Organen durch eine bedarfsgerechte Dejodierung des Prohormons T4, und zwar mittels Dejodinasen.

Auch ein T3-Mangel?

In tierexperimentellen Untersuchungen konnte selbst unter unphysiologisch hohen T4-Substitu- tionsdosen kein normaler T3-Gewebespiegel erreicht werden, und ähnliches gilt für eine T4-Monotherapie beim Menschen. Dazu kommt, dass die T3-Verfügbarkeit durch Polymorphismen in den Dejodinase-Genen reduziert sein kann. "Deshalb muss man vermuten, dass bei einigen Patienten trotz ausreichendem T4-Spiegel ein T3-Mangel besteht", so Köhler. Dies könnte dafür verantwortlich sein, dass nicht wenige Patienten trotz ausreichender T4-Substitu- tion weiter Symptome verspüren. Sie klagen insbesondere über psychische Beschwerden oder eine starke Gewichtszunahme.

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Ein Bericht vom 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 30.4.-3.5.2022, Wiesbaden

Fehlende Daten für T3-Substitution

Das Problem ist die Datenlage zur Kombinationstherapie. "Viele klinische Studien zeigen eine subjektive Präferenz für die Kombination, jedoch ohne valide objektive Resultate und ohne Daten zu Risiken", so Köhler. Deshalb werde in den Leitlinien der Fachgesellschaften weiterhin die T4-Monotherapie als bewährteste Methode empfohlen. Doch in der klinischen Praxis wird die Möglichkeit der Kombination bereits jetzt bei symptomatischen Patienten mit einer Euthyreose unter der T4-Substitution genutzt, allerdings nicht in der Schwangerschaft und bei bekannten kardialen Arrhythmien. Bei fehlender klinischer Besserung der Hypothyreose-Symptomatik innerhalb von 3 bis 6 Monaten nach Gabe der Kombination sollte diese wieder beendet werden.

Nach Meinung von Prof. Joachim Feldkamp, Bielefeld, gibt es nach 70 Jahren Erfahrung mit der T4-Monotherapie keinen Grund, von diesem Vorgehen abzuweichen: "Auch wenn theoretische Gründe einen möglichen Vorteil der Kombination suggerieren, so konnten in Studien keine Benefits gezeigt werden." Vor diesem Hintergrund sollte die Kombinationstherapie auf klinische Studien begrenzt bleiben.

Überversorgung mit Levothyroxin

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Levothyroxin bei Patienten mit einer latenten Hypothyreose oft viel zu unkritisch eingesetzt wird. Man sollte sich, so Prof. Martin Fassnacht, Würzburg, an folgende Regeln halten: Bei einem TSH < 20 mU/l sollte man den Wert nach 4 bis 8 Wochen erst einmal kontrollieren. Liegt der Wert beide Male deutlich über dem Referenzbereich und hat der Patient suggestive Hypothyreosebeschwerden, empfiehlt sich ein Therapieversuch über 6 bis max. 12 Monate. Wenn der Patient eindeutig von der Therapie profitiert, sollte die Behandlung fortgesetzt werden. Ansonsten sollte die Therapie wieder abgesetzt werden. Auch das Absetzen einer langjährigen Levothyroxin-Therapie ist zu empfehlen. Dies gelingt meist auch problemlos, vor allem, wenn der Patient ≤ 50 µg einnimmt.