Eine 86-jährige rüstig wirkende Vertretungspatientin stellte sich in unserer Praxis vor, um eine neu aufgetretene Hautreizung im Bauchbereich abklären zu lassen. Sie erklärte, dass es sich ihrer Ansicht um nichts Ernstes handele - doch als sie sich freimachte, bot sich uns ein recht beunruhigender Anblick.

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© C. Raschka

Bei der körperlichen Untersuchung stellte sich die "leichte Hautreizung" überraschend als fast handballgroßer, exulzerierender Hauttumor an der rechten Abdomenseite heraus. Zusätzlich fand sich eine tischtennisballgroße Lymphknotenvergrößerung in der rechten Axilla.

Auf die offensichtliche Möglichkeit eines Malignoms angesprochen, erklärte die Patientin, dass sie sich noch bis vor Kurzem einer Radio- und Chemotherapie in einem onkologischen Zentrum unterzogen hätte. Die weiteren Nachforschungen ergaben, dass bei ihr zuvor ein B-Zell-Lymphom diagnostiziert worden war. Somit stand der dringende Verdacht eines Rezidivs im Raum.

Das große, exulzerierende Areal wurde von uns zunächst antiseptisch und verbandstechnisch behandelt. Danach stellten wir die Patientin umgehend den betreuenden Onkologen vor. In dem Zentrum wurde eine Hautgewebsprobe entnommen, die den Nachweis einer Infiltration durch ein B-Zell-Lymphom erbrachte. Genauer gesagt handelte es sich um ein follikuläres Lymphom des Grads II. Das follikuläre Lymphom ist das häufigste Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) und macht in Europa und den USA ca. 20-35% aller neu diagnostizierten NHL aus.

Unter einer modifizierten onkologischen Therapie zeigte sich bei der Patientin eine partielle Remission mit weitgehender Abheilung der Exulzerationen. Im Anschluss erhielt sie eine Erhaltungstherapie mit Obinutuzumab.

Das exulzerierende B-Zell-Lymphom illustriert eindrucksvoll die Ableitung der Bezeichnung "Krebs", die aus dem Altgriechischen übernommen wurde. Damals wurde mit "karkínos" (καρκίνος) sowohl das Tier als auch die Krankheit benannt. Aristoteles bezeichnete mit dem Wort oberflächlich feststellbare, in benachbarte Organe infiltrierende und einwachsende Geschwüre (z. B. fortgeschrittenen Haut- oder Brustkrebs). Genau dieses Bild bot sich uns an der Flanke der Patientin.

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Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dr. Sportwiss. Christoph Raschka

Dr. med. Sonja Raschka

Praxis für Allgemeinmedizin - Sportmedizin, Im Igelstück 31, D-36088 Hünfeld