Die Mittelohrentzündung ist nach der Erkältung die häufigste Infektionskrankheit im Säuglings- und Kleinkindalter - und der häufigste Anlass einer Antibiotikagabe. Diese wurde nun prospektiv mit dem Einsatz eines Paukenröhrchens verglichen.

Für die US-amerikanischen Studie wurden 1.329 Kinder auf eine rezidivierende akute Otitis media gescreent, definiert als mindestens drei Episoden in den letzten sechs Monaten oder vier in den letzten zwölf Monaten, wenn eine davon in den letzten sechs aufgetreten war. Die Kinder waren 6-35 Monate alt. Mindestens eine Episode wurde ärztlich bestätigt, die anderen wurden von den Eltern per Fragebogen erfasst.

Randomisiert erhielten 129 Kinder eine Parazentese mit Tympanostomie und 121 Kinder eine Antibiotikatherapie mit Amoxicillin/Clavulansäure über zehn Tage. Bei unzureichendem Therapieerfolg erhielten die Kinder zusätzlich über 48 Stunden zweimal Ceftriaxon i.m. In der Tympanostomie-Gruppe wurden bei positivem Erregernachweis im Tubusabstrich zusätzlich über zehn Tage lokal fünf Tropfen Oxacillin verabreicht. Im Anschluss wurden die Kinder zwei Jahre lang in zweimonatigen Abständen untersucht. Ein elektronisches Tagebuch erfasste täglich die Symptome und die Lebensqualität.

Im Mittel entwickelten die Kinder in der Tympanostomie-Gruppe im Jahr 1,48 Otitis-Episoden und in der Antibiotika-Gruppe 1,56 (p = 0,66). Ein Altersvergleich ergab die niedrigste Inzidenz bei den 24 bis 35 Monate alten Kindern. Im Vergleich war sie bei den 6- bis 11-monatigen Babys 2,63-mal und bei den 12- bis 23-monatigen Kindern 1,8-mal höher (jeweils p = 0,001). In allen Altersgruppen war die Rate der Otitiden im ersten Jahr der Beobachtung doppelt so hoch wie im zweiten.

Vorteile für die Tympanostomie ergaben sich bei den sekundären Zielgrößen. So verging mehr Zeit bis zur nächsten Otitis media (4,34 vs. 2,33 Monate; Hazard Ratio: 0,68), ein Therapieversagen war seltener (45% vs. 62%, Risikoverhältnis: 0,73) und die Antibiotikatherapie kürzer (2,0 vs. 8,33 Tage). Jedoch zeigten die Kinder nach Tympanostomie häufiger eine Otorrhoe (7,96 vs. 2,83 Tage pro Jahr).

Quelle: Hoberman A, Preciado D, Paradise JL et al. Tympanostomy tubes or medical management for recurrent acute otitis media. N Engl J Med. 2021;384:1789-99

MMW-Kommentar

Antibiotika oder Tympanostomie - die Frage ist nach wie vor Gegenstand zahlreicher Diskussionen. In dieser Studie mit Kindern zwischen 6 und 35 Monaten traten bei beiden Therapieoptionen in der gleichen Größenordnung neue Otitiden auf. Allerdings gab es bei den sekundären Therapiekriterien bessere Resultate mit einer Tympanostomie.

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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. D. Reinhardt

Haunersches Kinderspital, München