Binnen einer Woche kamen gleich zwei Patientinnen mit ungewöhnlichen, seit Monaten bestehenden Rötungen in unsere Praxis. Bei einer war eine Hand, bei der anderen beide Füße betroffen. Es lagen weder wesentliche Vorerkrankungen noch allgemeine Krankheitssymptome vor. Die Diagnose war in beiden Fällen dieselbe!

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© G. Müller-Jörger

Bei der ersten Patientin (64) bestand schon seit fast zwei Jahren eine Rötung des rechten Handrückens, die mittlerweile leicht livid imponierte. Das Areal war auch leicht geschwollen; die Frau erzählte, dass sie ihren Ehering schon zweimal hatte erweitern lassen müssen. Die zweite Patientin (75) hatte vor über einem Jahr ebenfalls rötlich-livide, sich langsam ausbreitende Verfärbungen an den Füßen bemerkt. Betroffen waren v. a. die lateralen Fußränder bis zum Fußrücken, einzelne Knoten bzw. Stränge fanden sich auch im Bereich der Sprunggelenke.

Keine der beiden klagte über Sensibilitätsstörungen oder Gelenkbeschwerden, und auch das Standardlabor inklusive Entzündungsparameter war jeweils völlig unauffällig. Allerdings fiel bei beiden die Borrelienserologie im ELISA hoch positiv aus (> 200 E/ml), und im Western Blot fanden sich über 50% positive Banden.

Die typische Klinik nebst klassischer Serologie legte die Diagnose einer Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer (ACA) nahe. Bei Unsicherheiten wären je zwei Hautbiopsien möglich gewesen, die man histologisch auf lymphozytenreiche Infiltrate untersuchen sowie für Borrelienkultur bzw. PCR-Test verwenden hätte können.

Die ACA ist das Stadium 3 einer Borreliose und macht etwa 1% der Manifestationen aus. Verursacht wird sie in der Regel durch Borrelia afzelii. Sie tritt in einer ödematös-infiltrativen und später in einer atrophischen Form auf, jeweils ggf. mit neurologischer Beteiligung.

Meine beiden Patientinnen waren noch dem ödematösen Stadium zuzuordnen. Unbehandelt kommt es später zur Hautatrophie mit Verlust von Haaren und Schweißdrüsen sowie zur Atrophie des Binde- und Fettgewebes bis hin zur Zigarettenpapierhaut. Um dies zu verhindern, sollte eine Therapie mit Doxycyclin, Amoxicillin oder Ceftriaxon i.v. durchgeführt werden, gemäß AWMF-Leitlinie über insgesamt 30 Tage.

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Dr. med. Gabriele Müller-Jörger

Allgemeinmedizin, Lehrpraxis der Universität Heidelberg, Stuttgarter Str. 2, D-74653 Künzelsau