Hohe Serumspiegel des HDL-Cholesterins gelten als kardioprotektiv. Bei sehr hohen Werten scheint der Effekt jedoch zu verschwinden und sich sogar ins Gegenteil zu verkehren. Das zeigt die Ana-lyse zweier prospektiver Kohorten von Patientinnen und Patienten mit koronarer Herzkrankheit.

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In der Studie wurden zum einen 14.478 koronarkranke Patienten (Durchschnitts- alter: 62,1 Jahre; 76,2% Männer) aus der UK Biobank (UKB) erfasst. 1,8% hatten ein erhöhtes HDL-C > 80 mg/dl. Während des im Median fast 9-jährigen Follow-up starben sie häufiger an kardiovaskulären oder beliebigen Ursachen als die Referenzgruppe mit einem HDL-C von 40-60 mg/dl. Nach Bereinigung der Störfaktoren (z. B. höheres Alter, mehr Alkoholkonsum und weniger kardiovaskuläre Risikofaktoren), ergab sich eine um 96% erhöhte Mortalität und eine um 71% erhöhte kardiovaskuläre Mortalität. Zum Vergleich: Bei niedrigem HDL-C (< 30 mg/dl) waren Gesamt- und kardiovaskuläres Sterberisiko um 33% bzw. 42% höher als bei einem HDL-C im Referenzbereich. Wurde nach Geschlecht analysiert, war der Zusammenhang zwischen hohem HDL und Mortalität nur bei Männern signifikant.

Ein ähnliches Bild ergab sich in der zweiten Kohorte aus der Emory Cardiovascular Biobank (EmCAB) mit 5.467 chronisch Koronarkranken (Durchschnitts- alter: 63,8 Jahre; 66% Männer). Diejenigen mit einem HDL-C > 80 mg/dl (1,6%) hatten nach dem Abgleich von Risikofaktoren immer noch ein um 63% bzw. 57% höheres Risiko, zu sterben bzw. aus kardiovaskulärer Ursache zu sterben. Geschlechtsspezifische Unterschiede gab es dabei nicht. Dafür waren statistisch bedeutsame Mortalitätsanstiege in Verbindung mit sehr hohem HDL-C nur bei Dia-betikern und bei unter 65-Jährigen festzustellen.

"In sehr hohen Konzentrationen kann HDL-C möglicherweise zu einem erhöhten Sterberisiko beitragen", schlussfolgern die Forscherinnen und Forscher um Chang Liu von der Emory University School of Medicine in Atlanta.

Quelle: Liu C et al. JAMA Cardiol 2022; doi: 10.1001/jamacardio.2022.0912