Zu den möglichen Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung gehört offenbar auch ein Diabetes mellitus: In einer US-amerikanischen Studie lag das Risiko um 40% höher als in einer Kontrollgruppe.

Die Corona-Pandemie treibt offenbar auch eine andere Pandemie weiter an: Die Zahl der Diabetesfälle könnte, bestätigen sich die Ergebnisse einer Megastudie aus den USA, unter dem Einfluss von SARS-CoV-2 nochmals stärker zunehmen. In der Studie waren landesweite Daten der Krankenversicherung für Kriegsveteranen ausgewertet worden. Die mehr als 180.000 Veteranen mit überstandener COVID-19-Erkrankung hatten ein signifikant erhöhtes Ri-siko für eine Diabetesneudiagnose. Dieses Risiko wuchs mit dem Schweregrad der Erkrankung, betraf aber auch nicht hospitalisierte Patienten in relevantem Ausmaß.

Quelle: Xie Y, Al-Aly Z. Lancet Diabetes Endocrinol 2022; doi: 10.1016/S2213-8587(22)00044-4

Alle Altersgruppen betroffen

181.280 Veteranen mit positivem COVID-19-Test zwischen März 2020 und September 2021 wurden 4,1 Millionen Veteranen ohne Hinweis auf eine SARS-CoV-2-Infektion gegenübergestellt, eingangs war bei keinem Studienteilnehmer ein Diabetes bekannt. Um die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen zu gewährleisten, waren für Faktoren wie Alter, Lebensstil und diverse Erkrankungen, Medikamente und Laborwerte adjustiert worden. Innerhalb von 12 Monaten wurde bei 48 von 1.000 Post-COVID-Pa-tienten ein Diabetes diagnostiziert, zu über 99% ein Typ-2-Diabetes. Damit war ihr Erkrankungsrisiko um 40% höher als das der Vergleichsgruppe ohne Covid. Absolut entsprach das 13 zusätzlichen Fällen pro 1.000 Veteranen im ersten Jahr nach der Infektion. Auch Antidiabetika wurden ihnen signifikant häufiger verordnet, und zwar um mehr als 85%; damit bekamen von 1.000 Teilnehmern 12 zusätzlich eine medikamentöse Diabetestherapie.

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© B Konstantin Yuganov, Stock Adobe (Symbolbild mit Fotomodellen)

COVID-19-Nachbetreuung: Die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, steigt mit dem Schweregrad der Coronainfektion.

Der Anstieg des Diabetesrisikos war bei Veteranen über und unter 65, Männern wie Frauen, in allen BMI-Kategorien und Diabetesrisiko-Scores festzustellen. Das Zusatzrisiko korrelierte mit dem Schwergrad der akuten COVID-19-Erkrankung: bei ambulanter Betreuung +25% (8 Fälle mehr pro 1.000); bei stationärer Aufnahme +173% (57 zusätzliche Fälle pro 1.000); bei intensivstationärer Therapie +276% (89 zusätzliche Fälle pro 1.000).

Für die Studienautoren Yan Xie und Ziyad Al-Aly, Saint Louis, heißt das: "Diabetes sollte als eine Facette des facettenreichen Long-Covid-Syndroms angesehen werden." Sie raten daher, den Blutzucker von Post-Covid-Patienten besonders im Blick zu behalten, um einen Diabetes frühzeitig behandeln zu können.

Experte: "Diabetes-Screening von Covidpatienten macht Sinn"

Dieses Resümee zieht auch Prof. Klaus G. Parhofer, leitender Oberarzt am LMU Klinikum München: Mit dieser Studie wird der Zusammenhang zwischen SARS-CoV-2 und Diabetes mellitus um eine weitere Facette erweitert. Offensichtlich wird ein Diabetes mellitus nach einer COVID-19 Erkrankung gehäuft diagnostiziert, so dass Diabetes mellitus in die Liste der Long-Covid/Post-Covid Erkrankungen aufgenommen werden kann. Auch wenn möglicherweise hier methodische Aspekte - Covidpatienten werden häufiger und genauer untersucht - eine Rolle spielen, macht es Sinn, bei Patienten nach einer solchen Erkrankung auf das Vorliegen eines Diabetes mellitus zu screenen. In welcher Form dies erfolgen soll, ist offen und bleibt derzeit der klinischen Entscheidung des Behandlers überlassen.