Da SARS-CoV-2 auch im Magen-Darm-Trakt Beschwerden auslöst, stellt sich für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) die Frage, ob sie ihre Therapie besser abbrechen sollten. Die Antwort ist in vielen Fällen: Besser nicht!

Weltweit wurden von März 2020 bis Mai 2021 detaillierte Daten von CED-Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen gesammelt und in der Datenbank SECURE-IBD einheitlich zusammengeführt. 6.144 Datensätze wurden nun hinsichtlich der Frage ausgewertet, wie sich die verschiedenen medikamentösen Therapien auf den Krankheitsverlauf und die Letalität von COVID-19 auswirken. 1.818 Patienten erhielten Mesalazin/Sulfasalazin, 1.072 Thiopurine, 2.620 TNF-α-Antagonisten, 573 Antagonisten gegen Interleukin(IL)-12/23, 675 Integrin-Inhibitoren, 392 systemische Steroide, 168 Budesonid, 233 Methotrexat (MTX) und 97 Tofacitinib als Vertreter der Januskinase-Inhibitoren.

Steroide und MTX waren mit einer erhöhten Rate an Hospitalisation und letalem Krankheitsverlauf assoziiert. Dagegen waren Anti-TNF-, Anti-IL-12/23- und in geringerem Maß auch Anti-Integrin-Therapien mit einem besseren Krankheitsverlauf verbunden. Mesalazin/Sulfasalazin hatte offenbar keinen statistischen Einfluss, aber auch keinen negativen, wie zuvor beschrieben wurde. Die Therapie mit Tofacitinib zeigte kein eindeutiges Ergebnis. Die Kombination von Anti-TNF-α plus Thiopurin zeigte einen schlechteren Verlauf, die Kombination Anti-TNF-α plus Mesalazin keinen Einfluss.

Bezogen auf die ausschließliche Biologika-Therapie konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Substanzgruppen bezüglich eines letalen Verlaufs herausgestellt werden.

Quelle: Ungaro RC, Brenner EJ, Agrawalv M et al. Impact of medications on COVID-19 outcomes in inflammatory bowel disease: analysis of more than 6000 patients from an international registry. Gastroenterology. 2022;162:316-19.e5

MMW-Kommentar

Es war schon bekannt, dass CED-Patienten keine erhöhte COVID-19-Erkrankungsrate haben - außer bei unkontrollierter CED mit hoher Krankheitslast. Nun wird deutlich, dass Biologika-Therapien kein Risiko für die Patienten darstellen, die Einnahme von Steroiden allerdings sehr wohl. Die Anwendung von Biologika, gleich welcher Klasse, scheint sogar protektive Effekte bezüglich des Krankheitsverlaufs und einer möglichen Letalität zu haben. Lediglich für die Kombination TNF-α-Antagonist plus Thiopurin lässt sich das nicht behaupten.

Die Ergebnisse unterstreichen, dass bei CED-Patienten eine schnelle Entzündungskontrolle hergestellt werden soll, möglichst mit einem frühzeitigen Einsatz von Biologika. Und das sollte bitte nicht auf die Zeit nach Corona verschoben werden! Diese Therapie nützt dem Patienten und schützt ihn möglicherweise vor schweren COVID-19-Verläufen. In klinischen Studien werden TNFα-Antagonisten bereits zur Therapie von hospitalisierten COVID-19 Patienten eingesetzt. Der andauernde oder wiederkehrende Einsatz von Steroiden, besonders systemsicher Steroide und auch Azathioprin, ist unbedingt kritisch zu überdenken.

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PD Dr. med. C. H. Waggershauser

VivaQ MVZ Sonnenstraße, München