Ein Diabetes während der Schwangerschaft bedeutet für das Kind ein erhöhtes Risiko für schwere Sehfehler. Daher ist ein frühes ophthalmologisches Screening für betroffene Nachkommen angezeigt.

Für eine populationsbasierte Kohortenstudie wurden alle 2.470.580 zwischen 1977 und 2016 in Dänemark geborenen Kinder bis zum 25. Lebensjahr verfolgt. Die Daten stammten u. a. aus dem Nationalen Diabetesregister und dem dänischen Patientenregister. Primäres Outcome waren schwere Refraktionsfehler wie Hypermetropie, Myopie oder Astigmatismus. Bei der Regressionsanalyse wurden potenzielle Störfaktoren wie Alter, Parität, Rauchen, Bildung und Refraktionsfehler bei der Mutter berücksichtigt.

2,3% der Neugeborenen waren im Mutterleib einem maternalen Diabetes ausgesetzt (Typ 1: 0,9%, Typ 2: 0,3%, Gestationsdiabetes: 1,1%). Der Anteil der diabetischen Mütter stieg im Beobachtungszeitraum von 0,4% auf 6,5%. Bei 553 ihrer Nachkommen wurde ein schwerer Refraktionsfehler diagnostiziert; bei den nicht diabetischen Müttern waren es 19.695 (0,93 vs. 0,42 pro 1.000 Personenjahre).

Maternaler pränataler Diabetes war im Vergleich mit Kindern nicht diabetischer Mütter mit einem um 39% erhöhten Risiko für schwere Refraktionsfehler assoziiert (Hazard Ratio 1,39; 95%-Konfidenzinterval 1,28-1,51, p < 0,001). Das Risiko war höher bei maternalem Typ-2-Diabetes (1,68; 1,36-2,08) als bei Typ-1-Diabetes (1,32; 1,15-1,51) und Schwangerschaftsdiabetes (1,37; 1,21-1,51). Paternaler Diabetes war nicht signifikant mit einem erhöhten Risiko für Refraktionsfehler der Nachkommen assoziiert.

Quelle: Du J, Li J, Liu X et al. Association of maternal diabetes during pregnancy with high refractive error in offspring: a nationwide population-based cohort study. Diabetologia. 2021;64:2466-77

MMW-Kommentar

Vorteile der Studie sind die große Zahl der einbezogenen Fälle sowie das vorbildliche Langzeit-Follow-up, in dem im Prinzip die gesamte Population Dänemarks enthalten war. Dadurch werden Selektions- und Recall-Bias weitestgehend ausgeschlossen. Auch konnte die Analyse hinsichtlich einer großen Zahl potenzieller Störfaktoren adjustiert werden. Das wiegt die wenigen Limitationen wie mögliche Fehler der Klassifikation des Diabetes bzw. der Refraktionsfehlertypen auf.

Da viele Brechungsfehler bei jungen Kindern potenziell therapierbar sind, ist eine frühe Identifizierung der Betroffenen sowie eine unmittelbare Intervention lebenslang wichtig für das Sehvermögen. Daher ist der Wert eines frühen ophthalmologischen Screenings von Nachkommen diabetischer Mütter, den die vorliegende Studie fordert, gar nicht hoch genug einzuschätzen.

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Dr. med. J. H. Stupin

Institut für Kinderernährung, Max Rubner-Institut (MRI), Karlsruhe