Anfang der 1980er-Jahre verbrachte ich ein PJ-Tertial in einer kinderchirurgischen Abteilung. Eine Besonderheit ist dort, dass die Ärztinnen und Ärzte beim Operieren der Kinder und Säuglinge sitzen, und nicht wie in der Allgemeinchirurgie stehen. Die OP-Tische sind aber schmal, was bedeutet, dass die Beteiligten oft ihre liebe Not haben, ihre Beine irgendwie unterzubringen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie aus Hygienegründen ihr Arme und Hände beim Hinsetzen nicht einsetzen dürfen.

Einer der Oberärzte hatte es sich angewöhnt, neue PJ-Studentinnen unter dem OP-Tisch sogleich mit seinem Knie zu attackieren. Aus der Übung machte er sich einen regelmäßigen Spaß. Auch ich hatte bei der ersten gemeinsamen Operation plötzlich sein Knie genau zwischen meinen Beinen. Ich habe mich in der Situation nicht laut zu Wort gemeldet oder protestiert. Körperlich wehren ging auch nicht, denn das hätte die Gefahr des Unsteril-Machens bedeutet. Das aber ist im OP seit jeher besonders unbeliebt, denn es hält den ganzen Betrieb auf. Die betroffene Person muss sich ja wieder komplett neu steril einkleiden. Als PJ-Studentin (oder -Student) riskierte man damit damals, nicht mehr als Assistenz auf dem OP-Plan zu stehen.

Gewehrt habe ich mich bei der nächsten Gelegenheit mit einer kleinen List: Beim Hinsetzen verdrehte ich mich so, dass sich meine Beine seitwärts bogen. Das war etwas unbequem, aber machbar - und von der anderen Seite aus nicht zu sehen. Schräg gegenüber saß der Oberarzt. Als sich an meiner Seite nun der Chefarzt als Operateur hinsetzte, kam es unter dem Tisch zu einer für ihn unerwarteten Begegnung, und er knurrte ungehalten.

Da sagte ich, für alle hörbar: "Herr Oberarzt, das sind die Beine vom Chef - und der mag das auch nicht!" Es folgte promptes Kichern und Lachen im Saal, denn das Team kannte das Spiel. Seitdem hatte ich Ruhe unter dem Tisch, und ich wurde auch nicht vom OP-Plan verbannt.